Datenspionage im BMG
Die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte entsprechende Ermittlungen auf Anfrage der "Süddeutschen Zeitung". Nach Informationen der Zeitung waren davon auch E-Mails aus der Leitungsebene betroffen - also Nachrichten, die von den Ministern Philipp Rösler und Daniel Bahr (beide FDP), ihren Staatssekretären und engsten Mitarbeitern stammten.
Geld gegen Gesetzentwürfe
Trifft der Verdacht zu, dürfte es sich nach "SZ"-Einschätzung um den größten Lobby-Skandal in der Berliner Republik handeln. Laut Staatsanwaltschaft soll der freiberufliche Lobbyist der Apothekerschaft mit einem Mitarbeiter des Unternehmens zusammen gearbeitet haben, das für die IT-Struktur des Ministeriums zuständig ist. Dieser habe ihm E-Mails, Beschlüsse, Gesetzentwürfe und andere Daten übermittelt und dafür Geld genommen.
Offiziell wollte sich das Ministerium gegenüber der "SZ" nicht zu den Ermittlungen äußern. Auch die Apotheker-Vertretung Abda nahm keine Stellung. Laut ARD-Hauptstadtstudio bestätigte das Ministerium allerdings die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen einen externen Mitarbeiter im IT-Bereich. Offenbar sei auch sein Arbeitsplatz im Ministerium durchsucht worden.
BMG wurde gezielt ausgespäht
Ziel der systematischen Spionage war offenbar, sich über die noch geheimen Gesetzgebungsvorhaben des Ministeriums im Pharma- und Apothekenbereich zu informieren. Das gezielte Ausforschen des Ministeriums soll bereits im Jahr 2010 begonnen haben und sich bis in das laufende Jahr hingezogen haben. Im November griff die Staatsanwaltschaft zu und durchsuchte Büros und Privatwohnungen.
Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf eigene Informationen von einem Ermittlungsverfahren gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums berichtet, der von einer externen IT-Firma zur Datenpflege angeheuert worden sei. Gegen ihn habe das Ministerium Strafanzeige gestellt und ein Hausverbot verhängt, schrieb das Blatt. Ob es sich um den Komplizen des Apotheken-Lobbyisten handelte, blieb vorerst unklar. Die Staatsanwaltschaft Berlin war am Abend nicht zu erreichen.
Apotheker sind bestürzt
Die ABDA zeigte sich besorgt. "Mit großer Bestürzung verfolgen wir die Berichterstattung über den Verdacht, dass ein Vertreter aus dem Umfeld der Apothekerschaft am Kauf von Informationen aus dem Bundesgesundheitsministerium beteiligt sein soll", heißt es in einer aktuellen Erklärung. "Wir sehen mit Sorge, dass ein ganzer Berufsstand unter Generalverdacht gerät." Gegen wen sich die Ermittlungen richten, sei dem Verband aber nicht bekannt.
Weiter heißt es in dem Schreiben: "Es war nie und es wird nie Politik unseres Hauses sein, die Interessen der deutschen Apothekerschaft per Scheckbuch zu vertreten. Wir lehnen eine auf solche Weise erfolgte Informationsbeschaffung strikt ab und distanzieren uns davon ausdrücklich. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich der bestehende Verdacht nur gegen Einzelne richten kann." Die ABDA wolle alles tun, um den Sachverhalt aufzuklären.