Medizin

Diabetes: Folgeerkrankungen seltener als angenommen

jt/pm
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Eine langjährige Diabeteserkrankung kann zu Erblindung, Nierenversagen und Amputationen führen. Die Risiken lassen sich jedoch deutlich minimieren. Wichtig ist die richtige Vorbeugung.

Gefürchtete Folgeerkrankungen des Diabetes treten neueren Untersuchungen zufolge in Deutschland seltener auf als bisher angenommen, wie die Deutsche Medizinische Wochenschrift (DMW) berichtet. Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) führt dies auf eine verbesserte medizinische Versorgung von Diabetikern zurück. Künftig müsse neben der Diabetesbehandlung zusätzlich auch die Vorbeugung verstärkt werden

Deutlicher Rückgang der Retinopathie

Zu den gefürchteten Folgeerkrankungen, die ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel verursachen kann, gehören Störungen an der Netzhaut des Auges - die Retinopathie. Diese Diagnose wurde in der ersten größeren Untersuchung in Deutschland aus dem Jahr 1956 bei 39 Prozent der Diabetespatienten gestellt, berichtet ein Forscherteam um Prof. Ulrich Müller vom Uniklinikum Jena in der DMW.

In den vergangenen Jahren gab es deutlich weniger Betroffene: Nur noch zehn bis 15 Prozent der Patienten mit Diabetes Typ 2 erkranken daran, beim Diabetes Typ 1 ist es jeder vierte. Zu diesen Ergebnissen kamen die Autoren, nachdem sie Studien der Jahre 1997 bis 2012 ausgewertet hatten.

Besserte Vorsorge der Augen

„Eine erfreuliche Entwicklung, die vor allem auf die verbesserte augenärztliche Versorgung der Diabetespatienten zurückzuführen ist“, sagt Privatdozent Dr. Erhard Siegel, Präsident der DDG. „Als wichtiger Meilenstein ist hier die Lasertherapie zu nennen, die ein Fortschreiten der Retinopathie in vielen Fällen stoppt“, so Siegel. Eine Erblindung können die Ärzte heute meist verhindern - weniger als ein Prozent der Diabetespatienten verliert seine Sehfähigkeit.

Weniger Nierenschäden

Auch die diabetische Nephropathie - ein durch hohen Blutzucker ausgelöster Nierenschaden - wird offenbar überschätzt. Laut Nationaler Versorgungsleitlinie kommt es bei bis zu 40 Prozent aller Patienten zur Ausscheidung des Bluteiweißes Albumin im Harn, was als Anzeichen eines Nierenschadens gewertet wird.

Aktuellen Untersuchungen zufolge leiden jedoch nur zehn Prozent der Diabetes-Typ-2-Patienten daran, bei Diabetes Typ 1 beläuft sich dieser Anteil auf fünfzehn Prozent. „Dass diabetesbedingte Nierenschäden rückläufig sind, liegt am wahrscheinlichsten an einer besseren Blutzucker- und Blutdruckeinstellung“, erläutert Professor Dr. Andreas Fritsche, Mediensprecher der DDG.

Amputationen sind nur noch selten

Darüber hinaus kann Diabetes zu Nervenschädigungen führen, zur Neuropathie. Dabei kommt es zu Gefühlsstörungen an den Füßen - mit der Folge, dass die Betroffenen Druckstellen übersehen, etwa durch zu enges Schuhwerk. Häufig entwickeln sich daraus Geschwüre, die im Extremfall eine Amputation erforderlich machen.

Noch zu Beginn der 1990er Jahre waren Amputationen bei Diabetespatienten 20-mal häufiger im Vergleich zu Menschen ohne Diabetes, berichtet Müller. Inzwischen sei das relative Risiko auf bis zu 8,8 bei Männern und 5,7 bei Frauen gesunken. „Dies zeigt, dass sich Früherkennung und Behandlung des diabetischen Fußsyndroms verbessert haben“, betont Fritsche.

Alles in allem kann nicht genau gesagt werden, was hauptverantwortlich für diese erfreuliche Entwicklung ist. Nach Ansicht der DDG spielen die strukturierte Fortbildung der Hausärzte und die Arbeit der Diabetesexperten in der ambulanten und stationären Versorgung eine wichtige Rolle. Über diese Erfolge dürfe man allerdings nicht vergessen, dass die Erkrankungszahlen steigen. „Deshalb sollten wir uns künftig auch zusätzlich verstärkt auf die Vorbeugung des Diabetes konzentrieren“, meint Siegel.

T. Heller, M. Blum, M. Spraul, G. Wolf, U. A. Müller, Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus: Prävalenzen in der Bundesrepublik Deutschland. Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: DOI 10.1055/s-0034-1369889

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