Die Sylter Woche hat begonnen
Gestern startete zum 67. Mal die Sylter Woche in Westerland. Vom 2. bis 6. Juni treffen sich knapp tausend Teilnehmende aus der gesamten Bundesrepublik, um sich unter dem Schwerpunktthema Ästhetik auszutauschen. In fünf Tagen werden in Vorträgen und Seminaren von 21 Referentinnen und Referenten umfangreiche Updates zu Trends und neuesten Entwicklungen vermittelt.
Dr. Michael Brandt (Kiel), Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein, begrüßte die Anwesenden. Er wies zunächst darauf hin, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte die Pandemie ausgesprochen gut gemeistert haben: In Kliniken hatten 9,38 Prozent der Beschäftigten eine Infektion erlitten, in Arztpraxen 1,69 Prozent, während es in Zahnarztpraxen nur 0,35 Prozent gewesen seien. Damit hätten sich Zahnärztinnen und Zahnärzte 27 mal besser geschützt als Klinikpersonal und fünfmal besser als angestellte Ärztinnen und Ärzte, stellte er fest. Er folgerte, dass dies einen eindeutigen Beweis dafür darstelle, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte Hygiene meisterhaft beherrschen. Im Anschluss wies er darauf hin, dass man weiterhin eine gelebte Vertrauenskultur und Vorrang für die Selbstverwaltung brauche und nicht noch eine zusätzliche Begehung. Er forderte Verhältnismäßigkeit ein.
„Wir Zahnärzte können Hygiene“
Eine weitere wichtige Forderung an die neue Bundesregierung bestehe im Bürokratieabbau im Gesundheitswesen. Brandt zitierte hierzu den Koalitionsvertrag, wonach eine Vertrauenskultur, Eigenständigkeit und Eigenverantwortung der Professionen im Vordergrund stehen sollen, statt sie durch Bürokratie zu lähmen. Alle Gesetze in diesem Bereich müssten einem „Praxischeck“ unterzogen werden. Er forderte die Bundesregierung ausdrücklich dazu auf, den „Praxischeck“ jetzt umzusetzen. Gleichzeitig regte er an, die ab dem 1. Januar 2026 verpflichtende Begehungsquote von fünf Prozent im Arbeitsschutzgesetz zumindest für die Gesundheitsberufe auszusetzen.
Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein zeigte sich zudem erfreut über die guten Daten der DMS 6: Erstmals sei es gelungen, wissenschaftlich fundiert nachzuweisen, dass die Prophylaxe wirke. In der Altersgruppe derjenigen, die 1989 in den Genuss von Gruppen- und Individualprophylaxe gekommen seien, sei die Karieslast im Vergleich zur DMS 1 halbiert. Bei zwölfjährigen Kindern habe sich die Karieslast seit Einführung der Maßnahmen in den 1990er Jahren um 90 Prozent reduziert. All dies sei ein Erfolg der zahnärztlichen Arbeit. Die Karies habe man durch kluge Prophylaxe und die Aufnahme in den Leistungskatalog fest im Griff.
Bei der zweiten großen Volkskrankheit im zahnmedizinischen Bereich, der Parodontitis, werde dies jedoch nur gelingen, wenn der Gesetzgeber ähnlich klug vorgehe, mahnte Brandt und forderte, dass die im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz beschlossene Aufhebung der Budgetierung bei Hausärztinnen und Hausärzten auch auf Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgeweitet werde. Nur so werde die Parodontitis-Versorgungsstrecke nachhaltig zu besserer Mund- und damit Allgemeingesundheit führen.
Gesundheitspolitik ist eine Chance für Wertschöpfung
Ein Signal der Hoffnung ist seiner Ansicht nach ein aktuelles Interview in der „Zeit“. Dort heiße es, Gesundheit sei der am schnellsten wachsende Sektor der deutschen Volkswirtschaft. Gesundheitspolitik werde jedoch fast immer nur als Kostenfaktor betrachtet und selten als Chance für Wertschöpfung im eigenen Land. Zwar beziehe sich dies primär auf die industrielle Gesundheitswirtschaft, die Millionen Menschen in Deutschland Arbeit gebe und 12,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmache, doch seien Zahnärztinnen und Zahnärzte daran nicht unerheblich beteiligt, führte er weiter aus.
Brandt machte deutlich, dass man in Praxen investiere, Geräte kaufe und in Neugründungen durchschnittlich rund 755.000 Euro investiere, wobei im Schnitt zehn Mitarbeitende eingestellt würden. Mit diesen Zahlen könne man sich sehen lassen und solle an die Politik herantreten, so der Präsident. Die Zahnärzteschaft solle den Nutzen der eigenen Leistungen für die allgemeine Mundgesundheit herausstellen: Sie schaffe Gesundheit und Lebensqualität – ein Erfolg, auf den sie stolz sein könne.
All diese Erfolge seien auch ein Ansporn, sich fort- und weiterzubilden, so sein Fazit. Und genau dafür treffe man sich ja bei der Sylter Woche.