Diffamierung eines Zahnarztes verletzt seine Persönlichkeitsrechte
In Nürnberg behauptete eine Frau im April 2019, dass ihr Zahnarzt aus finanziellem Interesse einen gesunden Zahn hätte ziehen wollen. Sie beschuldigte ihn außerdem, unwahre Angaben bei der eidesstattlichen Versicherung gemacht zu haben.
"Jedem Patienten sei von einer Behandlung bei dem Zahnarzt abzuraten"
Diese Vorwürfe formulierte sie in einem Rundschreiben, das sie in mehrere Hausbriefkästen der Stadt einwarf beziehungsweise einwerfen ließ. Jedem Patienten sei von einer Behandlung bei dem Zahnarzt und seiner „skrupellosen Vorgehensweise” abzuraten, schrieb sie darin.
Dagegen klagte der betroffene Zahnarzt auf Unterlassung vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth. Die Richter hielten das daraufhin von der Frau beantragte Gesuch auf Prozesskostenhilfe für unzulässig, wogegen die Beklagte eine sofortigen Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegte. Dort wie man diese als unbegründet zurück, da für die Rechtsverteidigung nach Auffassung der OLG-Richter keine Erfolgsaussicht bestand, weil die beanstandeten Äußerungen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zahnarztes darstellten.
Aus dem Urteil
"Ein in mehrere Hausbriefkästen eingeworfenes Schreiben, in dem von einem Zahnarzt behauptet wird, er habe aufgrund möglicher finanzieller Interessen ohne Not einen gesunden Zahn ziehen wollen und in einer eidesstattlichen Versicherung unwahre Angaben gemacht, stellt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn die Behauptungen nicht erweislich wahr sind."
"Einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht stellt es weiter dar, wenn ein Zahnarzt gegenüber unbeteiligten Dritten geziehen wird, eine skrupellose Vorgehensweise an den Tag zu legen, wenn ein berechtigtes Interesse für diese Maßnahme nicht erkennbar ist."
Denn wird für die tatsächliche Grundlage der Behauptung, der Zahnarzt lege eine „skrupellose Vorgehensweise“ an den Tag, so dass jedem Patienten von einer Behandlung durch ihn abzuraten sei, kein Beweis angeboten, sei ein berechtigtes Interesse an der Kundgabe dieser Behauptung gegenüber unbeteiligten Dritten nicht ersichtlich.
Die Vorwürfe beschädigen den Ruf des Zahnarztes
Im vorliegenden Fall könnten sich die Äußerungen in dem - in Privathaushalte eingeworfenen - Schreiben abträglich auf das Ansehen des Klägers und seiner Stellung als Zahnarzt, insbesondere sein Bild in der Öffentlichkeit, auswirken. Denn darin werde zum Ausdruck gebracht, dass der Zahnarzt in zentralen Bereichen des Behandlungsgeschehens den an ihn gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden sei und dass er auch über den Behandlungskontakt hinaus keine integre Persönlichkeit aufweise.
„Ein in mehrere Hausbriefkästen eingeworfenes Schreiben, in dem von einem Zahnarzt behauptet wird, er habe aufgrund möglicher finanzieller Interessen ohne Not einen gesunden Zahn ziehen wollen und in einer eidesstattlichen Versicherung unwahre Angaben gemacht, stellt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wenn die Behauptungen nicht erweislich wahr sind", urteilten abschließend die Richter.
OLG NürnbergBeschluss vom 23. Juni 2020<link url="https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-41680?hl=true" import_url="https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2020-N-41680?hl=true _blank external-link-new-window" follow="follow" seo-title="" target="new-window">Az.: 3 W 1837/20
Wahre und unwahre Tatsachenbehauptungen
Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (Bundesgerichtshof, Az.: VI ZR 314/10, Urteil vom 11. Dezember 2012).
Bei unwahren Tatsachenbehauptungen hat die Meinungsfreiheit des sich Äußernden regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten, denn an der Verbreitung unwahrer Tatsachen besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Interesse (OLG Brandenburg, Az.: 1 U 12/17, Urteil vom 7. Mai 2018).
Quelle: Bayerische Staatskanzlei