KZBV-Analyse zu iMVZ

Dynamische Entwicklung von Investoren setzt sich fort

mg
Getrieben vom Verlangen nach zweistelligen Renditen machen sich Private-Equity-Gesellschaften mit hoher Dynamik in der vertragszahnärztlichen Versorgung breit. Welche Folgen das hat, zeigt eine Analyse der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV).

Die KZBV hat diese Entwicklung von Beginn an untersucht und warnt vor den erheblichen Folgen für die Patientenversorgung und das Gesundheitswesen. Die jetzt veröffentlichte Analyse „unterstreicht die besorgniserregende Ausbreitung investorengetragener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ) und verdeutlicht erneut die große Gefahr für die Versorgungsqualität, das Patientenwohl und die Sicherstellung der Versorgung insgesamt, die von diesen Strukturen ausgehen“, teilt die KZBV mit.

Zum Stichtag 31. Dezember 2022 hat die KZBV in ihrer Analyse 427 MVZ identifiziert, die versorgungsfremden Investoren zuzuordnen waren (Abbildung 1). Der Anteil der iMVZ am gesamten MVZ-Markt steigt damit kontinuierlich an. Er beläuft sich Ende 2022 auf gut 29 Prozent, Tendenz weiter steigend. Bis zum Ende des ersten Quartals des Jahres 2023 rechnet die KZBV mit einer weiteren Zunahme der MVZ mit Investorenbeteiligung auf etwa 440 MVZ. Aktuell werden die von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KZVen) abgefragten Daten gesammelt. Mit einer vollständigen Auswertung wird im Sommer gerechnet.

iMVZ versorgen weder das Land noch vulnerable Gruppen,

„Unsere aktuelle Analyse belegt anhand klarer Fakten, welch große Bedeutung inzwischen einem konsequenten Handeln der politisch Verantwortlichen zukommt, will man die zunehmend bedrohliche Gefährdung der flächendeckenden zahnärztlichen Versorgung durch vornehmlich renditeorientierte Investoren nicht länger tatenlos mit ansehen“, betonte der KZBV-Vorsitzende Martin Hendges. „Die ärztliche und die zahnärztliche Versorgung dürfen nicht den Prinzipien der Gewinnmaximierung geopfert, vielmehr muss die fortschreitende Vergewerblichung des Gesundheitswesens endlich wirksam gestoppt werden!“

Auffällig ist: Die 427 iMVZ, die sich Ende 2022 in der Hand von Groß- und Finanzinvestoren befanden, verteilen sich fast ausschließlich auf Großstädte und Ballungsräume. So sind 80 Prozent der iMVZ im städtischen Bereich angesiedelt. Genauso deutlich fällt die Konzentration bei der Verteilung der iMVZ nach Medianeinkommen aus: Hier sind 79,6 Prozent aller iMVZ in Regionen zu finden, die ein im Bundesvergleich überdurchschnittliches Medianeinkommen der Bevölkerung aufweisen. Zum Vergleich: Über alle MVZ sind dies 75,8 Prozent.

„Kombiniert man beide Aspekte miteinander – Stadt/Land-Verteilung und Medianeinkommen hoch/niedrig – so lässt sich feststellen, dass gerade einmal 10,1 Prozent der iMVZ in ländlichen Bereichen mit niedrigem Medianeinkommen liegen, also in strukturschwachen Gebieten, in denen am ehesten Engpässe und Unterversorgung drohen könnten“, führt die KZBV aus. Umgekehrt liegen 69,6 Prozent aller iMVZ in städtischen Bereichen mit hohem Medianeinkommen.

Dabei gelte es den Besonderheiten der zahnärztlichen Versorgung Rechnung zu tragen, fordert Hendges weiter. „Unsere konkreten Vorschläge dazu liegen seit Langem auf dem Tisch: Ein räumlicher und – das ist wichtig – auch fachlicher Bezug eines Trägerkrankenhauses muss gesetzlich zur Voraussetzung der Gründungsbefugnis eines Krankenhauses von iMVZ gemacht werden. Darüber hinaus ist zur Herstellung erforderlicher Transparenz die Schaffung von iMVZ-Registern und die Verpflichtung für iMVZ-Betreiber, auf Praxisschildern und Websites Angaben über Träger- und Inhaberstrukturen zu machen, dringend erforderlich.“

... haben die schlechteste Teilzeitquote aller Praxisformen ...

Erst kürzlich habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt, den Aufkauf von Praxen durch Investoren einzuschränken zu wollen. Hendges: „Es ist an der Zeit, diesen Worten endlich Taten folgen zu lassen und klare gesetzliche Regelungen zu schaffen!“

Laut KZBV zeigt die iMVZ-Analyse:

  • Der Anteil der iMVZ an allen MVZ beläuft sich Ende 2022 bereits auf 29 Prozent – mit Tendenz nach oben.

  • iMVZ leisten nach wie vor keinen nennenswerten Beitrag zur Versorgung in strukturschwachen, ländlichen Gebieten: 80 Prozent siedeln sich im städtischen Bereich an.

  • An der Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung im Rahmen der aufsuchenden Versorgung nehmen iMVZ kaum teil. Auch bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit präventiven Leistungen der Individualprophylaxe leisten iMVZ einen deutlich unterdurchschnittlichen Beitrag.

  • Eine steigende Zahl von iMVZ konzentriert sich auf nur wenige Inhaber: Die beiden Investoren mit den meisten iMVZ verfügen derzeit über je 82 Standorte.

  • iMVZ haben mit nur 33 Prozent die schlechteste Teilzeitquote von allen Praxisformen. Dies widerspricht der häufig von Investoren vorgetragenen Argumentation, iMVZ würden im Gegensatz zu den etablierten Praxisformen und Inhaberstrukturen die Wünsche junger Zahnärztinnen und Zahnärzte nach Anstellung und einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser berücksichtigen.

Insgesamt konnten zum 31. Dezember 2022 insgesamt 13 Groß- und Finanzinvestorengruppen in der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgemacht werden. Davon wurden neun überwiegend als Private-Equity-Gesellschaften und vier als Family-Office-Gesellschaften eingestuft. „Alle 13 Groß- und Finanzinvestoren verfügen bereits über mindestens ein als iMVZ-Träger fungierendes Krankenhaus. Ein Investor verfügt durch erfolgte Übernahmen über zwei Krankenhäuser und konnte somit sein durch das TSVG eingegrenztes, maximal zulässiges Engagement pro Zulassungsbezirk verdoppeln.“

... und versorgen kaum Pflegebedürftige

Den identifizierten Investoren können laut KZBV derzeit insgesamt 427 iMVZ zugeordnet werden. Aufgrund der meist verschachtelten, undurchsichtigen Eigentümer- und Beteiligungsstrukturen sei es schwierig und nur mit aufwendigen Recherchen möglich, in der vertragszahnärztlichen Versorgung tätige Finanzinvestoren und zugehörige iMVZ zu finden (Abbildung 2).

Die KZBV verzeichnet aktuell einen weiteren Einstieg einer Private-Equity-Investmentgesellschaft in die vertragszahnärztliche Versorgung: Es geht um die Investmentgesellschaft Halder aus Frankfurt am Main, die zum Jahreswechsel 2021/2022 das Fachklinikum Mainschleife in Volkach übernommen hat, eine Fachklinik für Orthopädie und Chirurgie mit 40 Betten. „Mit dem Trägerkrankenhaus wird derzeit eine kleinere Facharztkette im Bereich Dermatologie mit 12 Standorten betrieben“, teilt die KZBV mit. Daneben diene das Krankenhaus seit Januar 2023 als Trägergesellschaft für eine MKG-Praxis im Saarland – und ein weiteres MVZ sei bereits für den KZV-Bereich in Bayern beantragt.

<notice>

Das komplette Analysepapier können Sie auf der Website der KZBV unter https://www.kzbv.de/z-mvz# abrufen.

</notice>

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.