Ein Baby als Hauptgewinn

ck/dpa
Gesellschaft
In einer pakistanischen Fernsehshow gibt es Babys zu gewinnen. Die Mädchen sind ausgesetzt worden. Hilfsorganisationen protestieren gegen die Aktion.

Einige einfache Fragen über den Islam beantworten - und schon winkt dem aufgeregten Kandidatenpaar in "Amaan Ramzan" der große Preis: Ein kleines Mädchen. Quizmaster Aamir Liaquat Hussain hält das in eine Decke gewickelte Bündel im Arm. Das Baby ist der Hauptgewinn in seiner beliebten Quizsendung, die während des islamischen Fastenmonats Ramadan im pakistanischen Fernsehen läuft.

Für die meisten Zuschauer ist es ein Happy End

Der 41-Jährige Kleriker Hussain hat mit dieser Aktion einen Medienwirbel losgetreten. Hunderte Babys werden jedes Jahr in Pakistan ausgesetzt. Viele sterben. Kann man aber deshalb ein Waisenkind einfach verschenken? Das fragten sich manche Zuschauer. Doch für die meisten überwog der Gedanke an ein "Happy End" für das kleine Mädchen. Die rechtliche Situation ist unklar, denn eine Adoption wie in westlichen Rechtssystemen gibt es nach islamischem Recht nicht. In Pakistan können Paare nur vor Gericht eine Vormundschaft beantragen. 

Kommerzialisierte Hilfe

"Mich stört nicht so sehr der moralische Aspekt, da ein Heim für einen Säugling gefunden wurde, der auf den Müll geworfen wurde", bringt die Frauenrechteaktivistin Rakhshanda Parveen das Problem mit "Aaman Ramzan" auf den Punkt. "Aber mich stört, dass es zu einem kommerziellen Zweck gemacht wurde." 

Schärfer ist die Kritik von der Ehdi Foundation, einer Stiftung, die sich seit mehr als 60 Jahren um ausgesetzte Kinder kümmert. "Es ist höchst unmoralisch, Paaren in aller Öffentlichkeit Kinder zu geben", sagt Ehdi-Sprecher Anwar Kazmi. "Denn nun weiß jeder, dass das Kind von der Müllhalde kam und dass es vermutlich unehelich geboren wurde." Die Privatsphäre des Kindes werde verletzt, und in der konservativ-patriarchalischen Gesellschaft Pakistans sei die Frage der Abstammung sehr wichtig. 

Eine Wiege für unerwünschte Babys

Ehdi betreibt ein Projekt ähnlich der "Babyklappe" in Deutschland. Unerwünschte Kinder können in den sogenannten "Jhoolas" (Wiegen) abgegeben werden und die Organisation versucht, Adoptiveltern zu finden. Ehdi hat 335 Büros in Pakistan. Vor jedem stehe eine Babywiege, erklärt Kazmi. "Jeder kann dort ein Baby hineinlegen, das er nicht aufziehen kann - aus Armut, oder Schande, weil das Kind unehelich geboren wurde." 

Für die Helfer gilt jedes Baby als ehelich: "Wir wollen sie vor Schade schützen, da unserem Land dieses Thema sehr heikel ist, wegen gesellschaftlicher Tabus und islamischer Traditionen", sagt Kazmi. Nach Schätzungen der Stiftung sind etwa 99 Prozent der ausgesetzten Babys Mädchen: Viele konservative Eltern wollen Söhne, sie gelten als Kapital für die Zukunft. Nur Männer dürfen einer Arbeit außer Haus nachgehen. Für Töchter muss eine Mitgift bezahlt werden. 

Bewerber bei Edhi müssen seit mindestens fünf Jahren verheiratet und kinderlos sein sowie nachweisen können, dass sie selbst keine Kinder bekommen können. Auch aus Großbritannien, den USA oder Kanada gibt es Anfragen. Mehr als 22.000 Kinder wurden seit 1951 bei der Organisation abgegeben und vermittelt. Manchmal hinterlassen die Eltern eine Notiz, dass das Kind Christ oder Hindu sei, darauf werde bei der Elternsuche Rücksicht genommen, betont Edhi. 

Die richtige Antwort reicht nicht

Die Chhipa Welfare Organization, von der das kleine Mädchen für die Gameshow kam, verteidigt ihr Vorgehen. Nur so könne die Öffentlichkeit über das Leid von verstoßenen Kindern informiert werden. "Für uns war es ein gesellschaftlicher und religiöser Dienst", sagt der Gründer Ramzan Chhipa. Er werde für die Show auch weiterhin Babys zur Verfügung stellen. Er betonte, dass die Sieger bereits vor der Sendung ausgewählt wurden und gründliche Nachforschungen angestellt wurden. Es reiche nicht, eine Quizfrage zu beantworten, um ein Kind zu bekommen. 

Die Aktivistin Parveen ist nicht überzeugt: Das gesamte Konzept, in einer Fernsehsendung einem Paar ein Baby zu überreichen, sei einfach absurd, meint sie.

von Sajjad Malik, dpa 

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