Ethik in Zeiten von Social Freezing
Soll die Zeugung sogenannter Drei-Eltern-Babys zugelassen werden? Welche individuellen und sozialen Chancen und Probleme können Eizellspende und Leihmutterschaft, aber auch das langfristige Einfrieren eigener Eizellen für die beteiligten Frauen, Kinder und die Familien mit sich bringen? Diese und weitere Fragen standen im Zentrum der Jahrestagung des Ethikrates.
Selbstverantwortung und mehr
„Der Dreiklang von individuellen Lebensentwürfen, Familie und Gesellschaft ist dem Ethikrat deswegen so wichtig, weil es bei der Fortpflanzungsmedizin eben nicht nur um die Selbstbestimmung des Einzelnen über sein Leben geht, sondern immer auch um die Verantwortung für einen anderen Menschen, das Kind und die nächste Generation respektive die nächsten Generationen“, betonte Christiane Woopen, die Vorsitzende des Ethikrates, in einer Mitteilung.
Woopen stellte in Berlin heraus, wie wichtig angesichts der Entwicklungen in der Fortpflanzungsmedizin eine breite gesellschaftliche Debatte sei. Zudem müsse über die Weiterentwicklung der gesetzlichen Regulierung nachgedacht werden, da das Embryonenschutzgesetz manches gar nicht, manches nur unklar und manches zwar klar, aber gesellschaftlich sehr umstritten regele.
Gesetzeslage oft noch unklar
Georg Griesinger vom Universitären Kinderwunschzentrum Lübeck berichtete auf der Tagung über neue und in Entwicklung befindliche Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin wie die Vitrifikation als hocheffizientes Verfahren zur Konservierung unbefruchteter Eizellen.
Über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland informierte Dagmar Coester-Waltjen von der Universität Göttingen. Das für diesen Bereich einschlägige Embryonenschutzgesetz verbietet unter anderem die Eizellspende, die Leihmutterschaft sowie Eingriffe in die Keimbahn.
Das Einfrieren von Eizellen
Andere Bereiche, darunter auch das „Social Freezing“, sind dagegen nicht geregelt. Dabei handelt es sich um das langfristige Einfrieren eigener Eizellen im jungen Alter, um sie Jahre später für eine Schwangerschaft nutzen zu können. Coester-Waltjen plädierte hier für ein umfassendes Fortpflanzungsmedizingesetz.
In der Diskussion wehrten sich mehrere Teilnehmer dagegen, Social Freezing als Lifestyle-Angebot zu stigmatisieren während andere neue soziale Zwänge für Frauen sehen. Wichtig für einen verantwortungsvollen Einsatz sei vor allem eine gute Beratung.
Heirat versusFortpflanzungsfreiheit
Eine ethische Kontroverse über die Zukunft der Familie und reproduktive Autonomie bestritten Eberhard Schockenhoff und Claudia Wiesemann, beide Mitglieder des Deutschen Ethikrates. Schockenhoff führte in seinem Referat aus, dass das Leitbild einer ehebezogenen Familie als Ort unbedingter Verlässlichkeit, sozialen Lernens und existenzieller Sinnerfahrung in der Bevölkerung erstaunlich stabil geblieben sei. Es seien keine alternativen Lebensformen in Sicht, die die Rolle dieser Familie auf Dauer ersetzen könnten.
Für Wiesmann sind dagegen Heirat und Blutsverwandtschaft keine zwangsläufigen Voraussetzungen für eine Familiengründung. Vielmehr sei die Fortpflanzungsfreiheit, das heißt die Freiheit, allein oder im Verbund mit einem Partner/einer Partnerin darüber zu entscheiden, ob, wann und wie jemand sich fortpflanzen will, ein fundamentales Recht, dessen Reichweite allerdings durch andere Grundrechte beschränkt werden kann.
"Drei-Eltern-Babys"
Diskutiert wurde unter anderem auch noch über "Drei-Eltern-Babys“. Hinter diesem Schlagwort stehen Bemühungen, mitochondriale Erbkrankheiten zu vermeiden. Dabei wird in den bislang entwickelten Methoden, die sich noch in einem experimentellen Stadium befinden, das Kerngenom der betroffene Eizelle entweder vor oder nach der Befruchtung in eine zuvor entkernte Spendereizelle übertragen, die gesunde Mitochondrien enthält. Ein so entstandenes Kind trägt im Zellkern die DNA von Vater und Mutter und in den Mitochondrien die DNA der Eizellspenderin.