Experten fordern Qualitätsvergleiche
Auf der 5. Qualitätssicherungskonferenz des G-BA sind in Berlin aktuelle Ergebnisse und Trends bestehender Qualitätssicherungsmaßnahmen vorgestellt worden. Ein Plädoyer gab es vor allem für die sektorenübergreifende Perspektive in der Qualitätssicherung (QS).
"Qualitätssicherung im Jahr 2013 ist nicht mehr ausschließlich Datenlieferant für Fachdiskussionen im geschützten Raum“, sagte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA. „Von der Qualitätssicherung unter Federführung des G-BA wird die Festlegung von Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität sowie die Schaffung einer hinreichenden Markttransparenz als Voraussetzung für einen funktionsfähigen Qualitätswettbewerb erwartet.“
Einrichtungsinternes QS-Management fördert Nachhaltigkeit
Qualitätssicherung müsse faire, risikoadjustierte Qualitätsvergleiche ermöglichen und datensparsam sein. Deshalb werde künftig bevorzugt auf sogenannte Routinedaten zurückgegriffen. Qualitätsmessung allein reiche allerdings nicht aus, um eine nachhaltige Qualitätsentwicklung in Gang zu setzen. „Neben harten Zahlen, Daten und Fakten ist deshalb auch die Förderung von einrichtungsinternem Qualitätsmanagement durch strukturierten Dialog, Qualitätszirkel und Peer-Review-Verfahren unverzichtbar“, betonte Klakow-Franck.
Krankenhaussektor: Externe QS bleibt das Flagschiff
Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft erklärt der Hauptgeschäftsführer, Georg Baum, dass die externe stationäre Qualitätssicherung das „Flaggschiff“ der gesetzlich vorgeschriebenen QS bleibe. „Die aktuellen Ergebnisse können sich sehen lassen: Das AQUA-Institut hat den Krankenhäusern in vielen Leistungsbereichen gute bis sehr gute Versorgungsqualität bescheinigt. Besonders hervorzuheben sind die orthopädisch-unfallchirurgischen und die Herzschrittmacher-Leistungsbereiche sowie die Geburtshilfe und Neonatologie.“
Baum bekräftigte, dass die Krankenhäuser sich den Herausforderungen insbesondere bei den Themen Infektionsprävention und Hygiene oder bei der Betrachtung von Langzeitverläufen stellen. Solange die sektorenübergreifende QS aufgrund technischer Hürden noch nicht umsetzbar sei, solle der langfristige Behandlungsverlauf zunächst durch rein stationäre Messzeitpunkte abgebildet werden.
„Der G-BA hat bereits entsprechende Beschlüsse für die endoprothetischen Leistungsbereiche Hüfte und Knie sowie die Herzschrittmacher-Eingriffe getroffen,“ so Baum weiter. „Die Krankenhäuser sind bereit, auch hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen, wenngleich dies mit hohem technischen und finanziellen Aufwand verbunden ist, der refinanziert werden muss.“ Insgesamt führe aber kein Weg an der sektorenübergreifenden Betrachtung der Qualitätssicherung vorbei.
Ärzte: Bürokratie im Blick behalten
Dr. Andreas Köhler, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erklärte: „Wir verfügen in der ambulanten Versorgung über eine hervorragende Qualität. Das ist insbesondere gut für die Patienten. Qualitätssicherung ist und bleibt eine wichtige Aufgabe. Der bürokratische Aufwand darf dabei aber ebenfalls nicht aus den Augen verloren werden.“
Zahnärzte: Sektoreneigene Chancen nutzen
Dr. Holger Weißig, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen und Vertreter der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung im Unterausschuss Qualitätssicherung des G-BA: „Die Zahnärzteschaft befürwortet eine sektorenübergreifende Perspektive auf die Qualitätssicherung. Aber unser Sektor hat Spezifika, die wir berücksichtigen müssen und die besondere Chancen für die Qualitätssicherung bieten. Beispielsweise sind die meisten zahnärztlichen Behandlungen planbar. Das gibt uns die Möglichkeit, Qualität schon vor Therapiebeginn zielgenau und einzelfallbezogen über ein einzigartiges Gutachterwesen zu sichern. Etwa 120.000 Planungsgutachten werden jährlich allein im Bereich Zahnersatz erstellt. Solche sektoreneigenen Chancen gilt es zu nutzen.“
GKV: Vergleichbare Grundlagen erforderlich
„Zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung gibt es derzeit keine Alternative“, betont Dipl.-Med. Hans-Werner Pfeifer, Referatsleiter Qualitätssicherung beim GKV-Spitzenverband: „Sie erfasst den Verlauf von Behandlungen und möglichen Folgen – ob im Krankenhaus, beim niedergelassenen Arzt oder im Pflegeheim. Allerdings kann die Qualitätsmessung nur dann funktionieren, wenn alle Versorgungsbereiche die Daten auf einer vergleichbaren Grundlage erfassen. Im ambulanten Sektor sehen wir unter diesem Aspekt nach wie vor erheblichen Handlungsbedarf. Wir fordern daher einheitliche Dokumentationsstandards für alle Bereiche der Patientenversorgung.“
Patienten: Sektoren sind undurchlässig
Die Qualität der Patientenversorgung müsste im Zentrum jeder Qualitätssicherung stehen, fordert Wolf-Dietrich Trenner, Patientenvertretung im G-BA: Leider seien die Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung extrem undurchlässig.
AQUA-Institut: In der Wissenschaft noch "Luft nach oben"
„Die Ergebnisse des Qualitätsreports 2012 zeigen, dass die Behandlungsqualität in den Krankenhäusern insgesamt gut und auf einem hohen Niveau ist“, berichtet Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des AQUA-Instituts. Allerdings belegten die Zahlen auch, dass es Leistungsbereiche und Krankenhäuser gebe, bei denen noch „Luft nach oben“ sei. Die Datenerhebung in den Häusern ist und bleibe ein wesentlicher Baustein der Qualitätssicherung. Szecsenyi:„Die Einbeziehung von weiteren, bereits vorhandenen Datenquellen könnte das Bild abrunden. Im Bereich der Transplantationen ließe sich beispielsweise durch die Verknüpfung der Daten von Eurotransplant, der Deutschen Stiftung Organtransplantation und AQUA eine völlig neue Dimension von Transparenz erreichen.“
Die jährliche Qualitätssicherungskonferenz, veranstaltet vom G-BA, zählt mit mehr als 500 Experten aus Wissenschaft, Fachöffentlichkeit und Praxis zu den zentralen Foren für die Qualitätssicherung von medizinischen und pflegerischen Leistungen in Deutschland.