Anhörung im Gesundheitsausschuss

Experten warnen vor Überregulierung bei Medizinprodukten

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Politik
Fachleute aus der Gesundheitswirtschaft warnen vor einer Überregulierung bei Medizinprodukten. Die Hersteller gerieten mit der aufwendigen Neuzertifizierung ihrer Produkte in der EU stark unter Druck.

Die Sachverständigen nahmen schriftlich und in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu dem Thema Stellung. Die Unionsfraktion hatte zuvor in einem Antrag (Drucksache 20/9735 von 12. Dezember 2023) eine nachhaltige Stärkung der Gesundheitswirtschaft gefordert: Seit Jahren bereite sich die Branche auf die EU-Verordnung 2017/745 Medical Device Regulation (MDR) vor, dabei würden die Kosten der Umsetzung auf sieben bis zehn Milliarden Euro geschätzt. Eines der Hauptprobleme seien die Kapazitätsengpässe bei den sogenannten Benannten Stellen, die im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens zwingend eingebunden werden müssen.

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) erklärte, die schleppende Implementierung der MDR berge ein hohes Risiko, dass bewährte Bestandsprodukte für die Versorgung verloren gehen. Der Verband forderte eine Verringerung des bürokratischen Aufwands, mehr Effizienz, beschleunigte Verfahren für Innovationen sowie Spezialverfahren für selten angewandte Produkte (Orphan Devices). Eine Sprecherin beklagte in der Anhörung, es gebe zu viele Akteure und Verantwortlichkeiten, zu viel Redundanz. Sie forderte eine Weiterentwicklung der MDR, um strukturelle Probleme zu lösen.

Viele Produkte sind schon nicht mehr verfügbar

Die Einzelsachverständige Nicola Osypka hob hervor, dass die Innovationen von Mittelständlern entwickelt würden. Sie warnte vor den Folgen einer Überregulierung in der Medizintechnik. Es sei schon viel kaputt gegangen, viele Produkte seien nicht mehr verfügbar.

Der GKV-Spitzenverband wies darauf hin, dass die MDR dem Ziel diene, die Patientensicherheit zu verbessern. Bei den Medizinprodukten sei aktuell kein systemisch bedingter Versorgungsengpass feststellbar. Das gegenwärtige Hauptproblem sei der „Zertifizierungstau“ von Bestandsmedizinprodukten, der während der Pandemie begonnen habe. Man habe inzwischen aber Lösungen gefunden, um den Zertifizierungsstau abzubauen und den Unternehmen mehr Zeit für die Umstellung zu geben. Ein Vertreter des TÜV Süd bestätigte, dass mit der Verlängerung der Fristen in der MDR keine Engpässe mehr auftreten: Die Benannten Stellen könnten alle Anträge in der Frist bis 2027/2028 bearbeiten.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) benannte als „ordnungspolitische Leitplanke“ für Medizinprodukte „maximale Patientensicherheit und nicht Gewinnmaximierung“. Weniger Qualitätssicherung könne nicht die Antwort auf Wettbewerbsprobleme innerhalb des nationalen und internationalen Gesundheitsmarkts sein.

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