Gassen: Nicht jede Klinik braucht eine Portalpraxis!
Die Notfallversorgung in Deutschland sei gut, könne aber mit gemeinsamen ambulant-stationären Strukturen noch weiter optimiert werden, betonte Gassen.
Hintergrund: Portalpraxen
Rund zehn Millionen Bürger werden laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) jedes Jahr in den Krankenhäusern ambulant notfallversorgt. Ein Drittel der Fälle wäre laut DKG problemlos in ambulanten Praxen behandelbar.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hatte im Auftrag der KBV die Notfallversorgung in Deutschland auswertet und den tatsächlichen Bedarf an ortsgebundenen Notfall-Versorgungszentren ermittelt.
Wenn der Anfahrtsweg bis zum nächsten Notfallversorger maximal 30 Minuten beträgt, wären danach bundesweit 736 Zentren nötig, die sich mit der Notaufnahme einer Klinik einen gemeinsamen Tresen teilen. Die durchschnittliche Anfahrtszeit beträgt dann laut Gutachten 17 Minuten.
An jeder Klinik eine Portalpraxis? "Das wäre vollkommen unwirtschaftlich!"
„Diese Zahlen verdeutlichen, dass wir nicht an jeder Klinik eine Portalpraxis brauchen. Das wäre vollkommen unwirtschaftlich“, sagte Gassen. Wenn es an jeder Klinik eine Portalpraxis gäbe, hätten Patienten in bestimmten Regionen sogar mehrere Anlaufstellen zur Auswahl. „Das ist versorgungstechnisch sowie im Hinblick auf einen vernünftigen Ressourceneinsatz nicht sinnvoll“, stellte der KBV-Chef klar.
Warum selbst bei ausreichend vorhandenen Finanzmitteln nicht an jeder Klinik eine Portalpraxis eingerichtet werden könne, erklärte der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister: "Für so viele Standorte gibt es nicht genügend medizinisches Fachpersonal – das gilt für Ärzte genauso wie für medizinische Fachangestellte.“
Auch eine bessere Steuerung der Patienten sei nötig
Neben einer optimalen Aufstellung der Notfallversorgungsstandorte sei auch eine bessere Steuerung der Patienten nötig: „Wir nehmen die Bürgerinnen und Bürger an, wie sie sind", sagte Hofmeister. "Sie suchen sich ihren Weg in das Versorgungssystem und gehen in die Notaufnahme auch dann, wenn es nicht notwendig ist, teilweise aus Unwissenheit oder aus einer Komforthaltung heraus. Doch in vielen Fällen handelt es sich lediglich um einen subjektiv empfundenen dringenden Behandlungsbedarf."
Die KBV wolle deshalb das multimediale Informationsangebot ausbauen, um die Bürger zu befähigen, sich die passende Anlaufstelle auszusuchen. Unterstützend sollte künftig über Bereitschaftsdienst-Rufnummer 116117 eine Ersteinschätzung (Triagierung) der richtigen Versorgungsebene stattfinden.