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German Lifestyle für Einsteiger

stz
Gesellschaft
Sie sind jung, sie sind syrisch und sie wissen, was "German Lifestyle" ist. Mit viel Witz betreiben die Zahnmedizinstudenten Fayez (25), Abdul (22) und der angehende Medienwissenschaftler Allaa (19) einen YouTube-Kanal. Darin geht es um die Unterschiede zwischen den Kulturen, die schwierigsten Wörter der deutschen Sprache oder die Tücken der Zahnmedizin.

Das schwierigste deutsche Wort? – „Immatrikulationsbescheinigung“. Eine typische komplizierte Situation? – jede Begrüßung. Denn immer muss man einschätzen: Wann wird gesiezt, wann geduzt? Wo wird förmlich die Hand gegeben, wo stürmisch umarmt oder wo werden gar Küsschen verteilt - und wie viele? Ganz zu schweigen von den Herausforderungen der deutschen Bürokratie oder des Universitätswesens. Als Allaa Faham vor fast einem Jahr den YouTube-Kanal „German LifeStyle“ – kurz GLS – ins Leben rief, gab er in seinen ersten Videos vor allem Tipps fürs schnelle Deutschlernen, fürs Studium und für Bewerbungen. Er selbst besuchte in Hamburg ein Studienkolleg, paukte eifrig die neue Sprache und wollte sein Wissen auf witzige Weise an andere junge Leute weitergeben, die hier einen Neuanfang wagen.

Bezahlen im Café - auf Syrisch und auf Deutsch

Am Anfang richtete sich GLS speziell an Flüchtlinge aus Syrien und anderen arabischen Ländern, die sich in Deutschland zurechtfinden wollen. Bald kam Zahnmedizinstudent Abdul Abbasi aus Göttingen dazu, zuletzt Fayez Roman, der an der Berliner Charité studiert. „Mit der Zeit haben die Videos immer mehr Leute erreicht. So entstand die Idee, den Kanal auch dafür zu nutzen, die deutsche Kultur und das Leben hier zu zeigen“, erzählt Fayez Roman. „Gleichzeitig hatte GLS auch deutsche Zuschauer und wir dachten, es wäre schön, ihnen die syrische Kultur zu zeigen. Inzwischen ist unser Ziel, beide Kulturen näher zusammen zu bringen.“

Das geschieht meist auf lustige Weise, in Deutsch und Arabisch und mit entsprechender Übertreibung. Da wird etwa eine typische Situation wie „Bezahlen im Café“ einmal auf „Syrisch“ und einmal auf „Deutsch“ nachgestellt. In der syrischen Variante übernimmt einer die Rechnung, der andere bedankt sich nach kurzem Protest. Beim deutschen Bezahlvorgang wird auf den Cent genau abgerechnet, wer wie viele süße Stückchen verzehrt hat – und womöglich noch beim Kumpel mit abgebissen, denn das kostet sofort 50 Cent Aufschlag.

Andere Videos, die rein auf Arabisch sind, richten sich an angehende Zahnmedizinstudenten in Deutschland. Da erklärt etwa Abdul Abbasi die Unterschiede der Studiengänge in Syrien und Deutschland. „In Syrien gibt es kein Semestersystem, sondern ein Jahressystem“, erklärt Fayez, der selbst im zweiten Semester studiert und sich gerade auf seine Prüfungen vorbereitet. „Auch die Unterteilung in vorklinischen und klinischen Bereich kennen wir nicht aus Syrien. Dort lernt man in den ersten zwei Jahren nur Theorie. Hier in Berlin geht es gleich im ersten Semester mit praktischer Arbeit los. Es ist auch wichtig zu wissen, dass Zahnmedizin hier ein Studiengang ist, der viel kostet. Man kann zwar nebenher arbeiten, aber ich finde, in der ersten Zeit ist es besser, sich ganz aufs Studium zu konzentrieren.“

Maschinenbau als Plan B

Fayez ist 2011 nach Deutschland gekommen und hat sich erst einmal in einen achtmonatigen Sprachintensivkurs gestürzt. Er hatte das Glück, dass sein Bruder, der 2004 zum Studium der Humanmedizin nach Deutschland gereist war, sich bereits gut mit amtlichen Vorgängen und der Bürokratie auskannte. Und: Fayez konnte alle wichtigen Zeugnisse und Unterlagen vorweisen, komplett mit Beglaubigung der syrischen Botschaft. Wer diese wichtigen Papiere nicht aufbringen kann oder auf der Flucht verliert, kann auch kein Studium in Deutschland beginnen. Da es an den hiesigen Universitäten neben dem hohen Numerus Clausus auch nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen für ausländische Studenten gibt, bekam Fayez seine Zulassung erst Ende 2015. Bis dahin hatte er vier Semester Maschinenbau studiert – sein Plan B, falls es mit der Zahnmedizin nicht klappen sollte. Als es dann endlich losging, war er in seinem Semester der einzige außereuropäische Student.

"Hier habe ich ein Selbstständigkeitsgefühl entwickelt, das ich so in Syrien nicht hatte!"

Inzwischen ist er selbst ein wenig Deutsch geworden, gesteht Fayez. „Allgemein ist das Leben hier total anders als in Syrien. Seit ich in Deutschland bin, habe ein Selbstständigkeitsgefühl entwickelt, das ich so in Syrien nicht hatte. Dort macht man alles eher spontaner – hier muss es genau geplant sein. Ich weiß heute zum Beispiel, was ich an jedem Tag in den nächsten zwei Wochen machen werde. Und das finde ich gut. Auch wenn es manchmal etwas zu organisiert ist und immer unbedingt am Plan festgehalten werden muss.“

Genauso gut müssen die Videodrehs der drei Freunde geplant werden. Aufgrund des Studiums haben sie nicht viel Zeit und die Herkunft aus drei verschiedenen Städten macht gemeinsame Treffen nicht einfacher. Den Aufwand finanzieren sie selbst – German LifeStyle ist ein Hobby, aber ein ernstzunehmendes. „Etwa 60 Prozent unserer Zuschauer sind Araber, meist Syrer, 40 Prozent sind Deutsche“, erzählt Fayez. In den Kommentaren unter den Videos bekommt GLS viel Zuspruch, die Abonnentenzahlen steigen. „Viele Menschen haben wenig Ahnung von der jeweils anderen Kultur. Einen Teil dieser Leute versuchen wir zu erreichen und so viele Vorurteile wie möglich abzubauen.“

 

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