„Gesundheit ist keine Ware, Zahnmedizin ist kein Gewerbe“
„Zahnmedizin ist kein Gewerbe! Die investorengesteuerten Zahnarztketten sind nicht die Antwort auf die drängenden Versorgungsfragen in unserem Lande“, verdeutlicht BZÄK-Präsident Prof. Christoph Benz. „Sie lassen sich primär in ohnehin sehr gut versorgten Großstädten mit hohem Pro-Kopf-Einkommen nieder und kümmern sich dabei kaum um vulnerable Gruppen, was man an der niedrigen Zahl der Hausbesuche ablesen kann."
„Die investorenbetriebenen Dentalketten in Frankreich und Deutschland lösen kein einziges Versorgungsproblem, sondern beschädigen die bewährten zahnmedizinischen Versorgungsstrukturen in unseren Ländern.“
Prof. Christoph Benz und Dr. Alain Durand
Selbst bei der von den Kettenpraxen angeblich gelebten ,Work-Life-Balance' liegen die Investorenpraxen laut Benz hinter den inhabergeführten Praxen, was durch die geringere Zahl von Teilzeitverträgen sichtbar werde. Benz: "Nur beim Volumen der Abrechnung zulasten der gesetzlichen Krankenkasse sind die Zahnarztketten spitze, was die engen Budgets der Krankenkassen stark belastet. Die BZÄK hat zur Regulierung konkrete und wirksame Vorschläge gemacht, die über die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Transparenz über die Eigentumsverhältnisse der Zahnarztketten weit hinausgehen.“
Die BZÄK tritt seit Jahren für eine berufsrechtliche Regulierung ein, die festlegt, dass die Mehrheit an einer zahnärztlichen Praxis stets in Händen von Zahnärztinnen und Zahnärzten liegt („50+1-Regel“). Außerdem fordert die BZÄK, den räumlichen und fachlichen Bezug der Investorenpraxen zu den meist als rechtliches Schlupfloch genutzten gründungsberechtigten Krankenhäusern.
„Berichte aus Frankreich zeigten, was in Europa möglich ist“
BZÄK-Vizepräsident Konstantin von Laffert ergänzt: „Die Gespräche mit unseren französischen Kolleginnen und Kollegen haben uns erneut gezeigt, dass im europäischen Ausland erhebliche Auswüchse dieser Entwicklungen zu beobachten sind und dringender Regulierungsbedarf besteht, um den Patientenschutz europaweit zu gewährleisten. Die Berichte der französischen Kollegen über illegale Behandlungen durch nicht approbierte Zahnärzte in Investorenketten zeigen, was in Europa möglich ist.“ Die Zahnmedizin sei aber nicht gleichzusetzen „mit dem Verkauf von Speiseeis oder Schuhen, da die Wissensasymmetrie zwischen Zahnarzt und Patient eine reine Renditeorientierung von Medizin ausschließt.“
Einer Studie der Universität Bochum zufolge zahlten darüber hinaus etwa 75 Prozent der Zahnarztketten-Betreiber ihre Steuern nicht hierzulande, sondern in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands, so dass Gelder der gesetzlichen Krankenkassen in Steueroasen landen. „Die gewachsenen zahnmedizinischen Strukturen in unserem Lande sind weltweit führend und müssen im Interesse eines wirksamen Patientenschutzes erhalten werden“, fordert von Laffert. „Auch beim Thema Steuern müssen endlich gleich lange Spieße zwischen Private-Equity-Ketten und den inhabergeführten Praxen hergestellt werden.“
Der ONCD und die BZÄK fordern deshalb in ihrer gemeinsamen Erklärung, die „strikte Regulierung der investorenbetriebenen Dentalketten zur Verhinderung von ausschließlich renditeorientierter Zahnheilkunde, bei der nicht mehr der Patient, sondern die Rendite im Mittelpunkt steht". Unterzeichnet wurde die Erklärung den Präsidenten der beiden Kammern, Benz und Dr. Alain Durand.
ONCD und BZÄK verweisen ausdrücklich auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Dezember 2024 (Az.: C-295/23) zur Halmer-Rechtsanwaltsgesellschaft, in der bestätigt wird, dass die EU-Mitgliedstaaten berechtigt sind, Vorschriften zu erlassen, die die „berufliche Unabhängigkeit“ und insbesondere die Unabhängigkeit von Angehörigen der Gesundheitsberufe gewährleisten sollen (zm berichtete).
Das französische Sozialversicherungssystem hat daraufhin beschlossen, ab 2025 die zahnärztliche Versorgung in neuen Zahnarztzentren, die in dicht besiedelten städtischen Gebieten eröffnet werden, nicht mehr zu finanzieren.
Die Gespräche in Berlin hätten gezeigt, „dass in unseren Ländern und im europäischen Ausland erhebliche Auswüchse dieser Entwicklungen zu beobachten sind und dringender Regulierungsbedarf besteht, um den Patientenschutz europaweit zu gewährleisten und die gewachsenen Versorgungsstrukturen in unseren Ländern nicht zu beschädigen".