Gibt es bald maßgeschneiderte Keramik-Implantate aus Glas?
Eine Kieler Arbeitsgruppe von Materialwissenschaftlern der Christian-Albrechts-Universität (CAU) hat ein neues Verfahren zur direkten Verarbeitung von Glas im 3-D-Druck entwickelt. Dabei werden hauchdünne Schichten von Glaspulver von einem Laserstrahl aufgeschmolzen und sofort zu glatten, dichten und transparenten 3-D-Strukturen verfestigt – ganz ohne herkömmliches Brennen im Ofen.
Das Entwicklerteam um Dr. Leonard Siebert veröffentlichte ihre Arbeiten zum „Laser-Assisted Melt Printing“ (LAMP) genannten Druckverfahren kürzlich in der Fachzeitschrift Materials & Design.
Eigenschaften des Materials lassen sich während des 3-D-Drucks steuern
Für LAMP entwickelten die Materialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eine spezielle Partikeltinte auf Silica-Basis, dem Hauptbestandteil von Glas, und trugen sie in dünnen Schichten auf. Hochenergetische Laserimpulse verschmolzen die Partikel punktgenau und automatisch.
Während des Drucks können die Forscher die Eigenschaften des Materials gezielt steuern: Indem sie Laserleistung und Schreibgeschwindigkeit anpassen, entstehen glatte, dichte Strukturen ohne Lufteinschlüsse und sogar die Farbe des Glases lässt sich anpassen. Elektronenmikroskopische und spektroskopische Messungen zeigten, dass das Material vollständig verdichtet war – ein deutlicher Fortschritt gegenüber bisherigen Glas-3-D-Druckverfahren.
Bei vielen herkömmlichen 3-D-Druckverfahren für Glas oder Keramik wird das Material zunächst gedruckt und anschließend in einem Brennofen gehärtet. Dieser Schritt verbraucht viel Energie und dauert mehrere Stunden. Außerdem lässt sich währenddessen die Materialstruktur nicht mehr lokal beeinflussen.
„LAMP erlaubt es die physikalischen Eigenschaften wie Dichte, Glätte, Farbe und Transparenz bereits während des Drucks zu steuern “, sagt Studienleiter Siebert. Dies eröffne neue Möglichkeiten für individuell angepasste medizinische Implantate und optische Bauteile.
Potenzial für keramische Implantate
Auch wenn die aktuelle Studie Glas untersucht, sehen die Forschenden großes Potenzial für andere Materialien, insbesondere für Keramiken, die in der Medizintechnik häufig verwendet werden. „Bei herkömmlichen Verfahren müssen Keramiken meist in Öfen bei weit über 1.000 Grad Celsius gebrannt werden. Das verbraucht viel Energie, dauert lange, setzt die Bauteile starken Spannungen aus und erschwert die Herstellung filigraner oder patientenspezifischer Implantate“, erklärt Siebert.
LAMP umgeht dieses Problem. So lassen sich künftig auch komplex geformte oder maßgeschneiderte Keramik-Unikate direkt drucken – etwa für Zahn- oder Knochenimplantate, die optimal an Patientinnen und Patienten angepasst sind.
Eine gemeinsame Studie von Siebert und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel konnte bereits 2023 zahnkeramische Materialien mit hoher Festigkeit 3-D-drucken, allerdings über den konventionellen Ofenprozess. Das Team arbeitet bereits daran, LAMP auf diese neuen Materialsysteme zu übertragen. Langfristig könnte das Verfahren zu einer energieeffizienten Plattformtechnologie für die Herstellung personalisierter Implantate werden.
Publikation: Philipp Schadte et al.: „LAMP: Laser-assisted melt printing for direct silica glass 3D printing with in situ nanoparticle synthesis“, Materials & Design, 2025, DOI: 10.1016/j.matdes.2025.114972



