Heidelberg testet integrierte Versorgung von Diabetes und Parodontitis
Parodontitis und ein erhöhter Blutzuckerspiegel bei Diabetes können sich gegenseitig verstärken – das ist ein Zusammenhang, der in letzter Zeit immer mehr Beachtung erhält. Das Projekt „Digital Integrierte Versorgung von Diabetes mellitus Typ-2 und Parodontitis“, kurz „DigIn2Perio”, am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) will jetzt die digitale Vernetzung der haus- und zahnärztlichen Versorgung und damit die Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit in der Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen verbessern. Das Projekt wird für vier Jahre mit rund 5,4 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) für vier Jahre gefördert.
Durch die anhaltenden Entzündungen bei Parodontitis werden Botenstoffe in den Körper freigesetzt, die sich negativ auf den Blutzucker auswirken und das Risiko für diabetische Komplikationen erhöhen können. Wiederum lässt eine schlechte Einstellung des Blutzuckerspiegels bei Diabetes mellitus das Parodontitis-Risiko ansteigen. Obwohl derartige Wechselwirkungen zwischen den Erkrankungen bekannt sind, werden sie häufig getrennt voneinander behandelt, schreibt die Universität.
Anders bei der Heidelberger Studie, in die rund 400 Praxen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eingebunden werden: Hausärztinnen und Hausärzte prüfen mithilfe eines validierten Screening-Instruments, ob bei Betroffenen mit Diabetes mellitus Typ-2 der Verdacht auf Parodontitis besteht, während Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Parodontitis-Patientinnen und -Patienten auf ein erhöhtes Diabetes-Risiko testen. Die Erfassung wird digital unterstützt und das Ergebnis der Untersuchung in der elektronischen Patientenakte (ePA) aufgenommen, wodurch der Datenaustausch erleichtert wird.
Im Fokus stehen Krankheitslast, Lebensqualität und die ärztliche Vergütung
„Bei erhöhtem Risiko können eine elektronische Überweisung zur Mitbehandlung an die jeweilige Fachrichtung veranlasst sowie relevante Daten zu Behandlung und Therapie weitergeleitet werden”, erklärt Projektleiter Prof. Dr. Dr. Stefan Listl, Oberarzt in der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Leiter der Sektion Translationale Gesundheitsökonomie am UKHD. „Für Patientinnen und Patienten kann dadurch eine zeitnahe Behandlung der jeweiligen Begleiterkrankung eingeleitet werden.”
Im Rahmen der Studie wird geprüft, ob sich die neue Versorgungsform zur systematischen Früherkennung beider Erkrankungen eignet und inwieweit sie sich von der derzeitigen Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen unterscheidet. Dabei werden Faktoren wie die Krankheitslast, Lebensqualität, Inanspruchnahme und die zahn- und hausärztliche Vergütung beurteilt. „Im Erfolgsfall könnte die digital integrierte Versorgung von Diabetes mellitus Typ-2 und Parodontitis in die Regelversorgung überführt werden”, ergänzt der Projektleiter. „Dadurch würde sie zu einer medizinischen Versorgung, die allen gesetzlich Versicherten zusteht.”