"Ich war selbst kein Super-Brusher!"
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1. Wie kamen Sie auf die Idee zu Playbrush?
Die Idee kam mir, selbst kein Super-Brusher, als ich sah wie mein Taufkind durch das iPad zum Zähneputzen motiviert wird. Wie die meisten Kids putzt der Junge nicht sonderlich gerne, und seine Mutter probiert alle möglichen Dinge, um den täglichen Putzprozess zu erleichtern.
"Mein Taufkind hat mich inspiriert!"
Unter anderem zeigt sie ihm kurze „Brushing Clips“ auf dem iPhone oder iPad, die er mit Begeisterung schaut. Jedoch bewegt er die Zahnbürste kaum bis gar nicht. So dachte ich mir, wenn die Dinge auf dem Screen nur dann passieren, wenn er richtig die Zähneputzt, kann man ihn motivieren, zu putzen, und über Motion-Sensoren sogar dazu bewegen, überall im Mund zu putzen. Das haben wir dann mit vielen Eltern und Zahnärzten besprochen und weitergesponnen, bis wir auf Playbrush gekommen sind.
2. "Je besser die Kleinen putzen, desto besser sind sie im Spiel", schreiben Sie. Wie funktioniert das? Das heißt: Wie können Sie sicherstellen, dass die Kids nicht nur ihre Bürste im Mund bewegen, sondern sich auch mit Erfolg - etwa mit der empfohlenen KAI-Technik - die Zähne putzen? Wie messen Sie diesen Putzerfolg?
Über Sensoren messen wir das Putzverhalten und übersetzen es in Spiele. Diese Spiele drehen sich um drei Hauptpunkte: 1. Regelmäßiges Putzen 2x am Tag, 2. Putzdauer von 2 bis 3 Minuten, und 3. Putzen überall im Mund (zur Zeit unterteilt in 4 Quadranten).
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"Wir arbeiten absichtlich nicht mit Putztechniken!"
Absichtlich arbeiten wir nicht mit Putztechniken, da es hier keine Standards gibt, beziehungsweise sich Zahnärzte und Akademiker deutlich widersprechen. Hierzu empfehle ich eines der letzten Papers unseres Freundes Aubrey Sheiham.
(Anmerkung der Redaktion: Prof. Aubrey Sheiham vom University College in London hält es für inakzeptabel, dass es für die vielen Putzstrategien kaum wissenschaftliche Belege für ihre Wirksamkeit gibt. Der Epidemiologe und Zahnmediziner empfindet es als besonders irritierend, "dass die Empfehlungen von zahnmedizinischen Fachverbänden manchmal dem widersprachen, was als beste Putzmethode in den Lehrbüchern geraten wurde", sagte er in der "Zeit". Dabei fehlten "die Beweise dafür, dass die komplizierten Techniken besser sind als einfaches, vorsichtiges Bürsten". Es sei beispielsweise keineswegs sicher, dass das kreisförmige Bürsten besser ist als das einfache horizontale Bewegen des Bürstenkopfs. Er rät daher, den Aufwand möglichst gering zu halten: drei Mal täglich bürsten, von Rot, dem Zahnfleisch, nach Weiß, zur Zahnoberfläche. Die Bürste sollte man im halben rechten Winkel halten, weil dadurch die Plaque optimal entfernt wird. "Um zu vermeiden, dass man zu hart aufdrückt hält man die Bürste besser wie einen Bleistift zwischen Zeige- und Mittelfinger und nicht in der Faust." Das sei eine einfache Methode, um das Zahnfleisch zu schützen.)
Lang genug und überall im Mund - das macht den Putzerfolg aus!
Der Putzerfolg wird daran gemessen ob die Kinder regelmäßig, lang genug und überall im Mund nicht zu schnell und nicht zu langsam putzen. Fast alle Zahnärzte und Public Health-Experten, mit denen wir arbeiten, beziehungsweise, die wir konsultiert haben, sind der Meinung, dass dies deutlich wichtiger ist als Techniken.
3. Welche Untersuchungen haben Sie durchgeführt und wie belastbar sind Ihre Ergebnisse?
Hier stehen wir noch ganz am Anfang: Wir haben bis jetzt mit 280 Kindern Produkttests durchgeführt, die sich vor allem um die Psychologie des Zähneputzens und um Gamification drehen. Diese waren sehr erfolgreich. Momentan planen wir eine klinische Studie, zu der schon mehrere Universitäten und Professoren starkes Interesse angemeldet haben. Jedoch stehen wir hier noch ganz am Anfang. Zusätzlich haben wir mit einigen renommierten Zahnärzten in Österreich und Großbritannien getestet.
4. Einer Studie der Uni Witten/Herdecke (2012) zufolge beeinträchtigen Ablenkungen beim Zähneputzen das Putzverhalten und damit das Putzergebnis. Verhält es sich bei diesen Spielen nicht genauso?
Ich kenne diese Studie nicht und kann mich dazu leider nicht äußern. Die Experten, die unser Spiel beziehungsweise unseren Ansatz kennen, sind ziemlich überzeugt davon. Ablenkung sehe ich keine, da durch die Spiele ja die Konzentration auf das Zähneputzen gelenkt wird. Bezüglich Gamification in der Dentalmedizin empfehle ich auch den Research von Dr. Johan Wölber der Universität Freiburg.
5. Wie sieht Ihr Team aus, mit wem arbeiten Sie zusammen?
Unser Team, das sind:
Matthäus Ittner: ein Kindheitsfreund von mir, der sowohl Hardware-Bastler als auch ein Zahlen- und Datengenie ist. Er hat Wirtschaft an der WU Wien und der IE Madrid studiert, und viel Erfahrung im Gesundheitsbereich mit den Maltesern gesammelt. Dazu hat er jahrelange Arbeitserfahrung im Digital- und Startup Bereich. Seine Tante ist Zahnärztin und er kommt aus einer Ärztefamilie.
Tolulope Ogunsina: Ein toller Software Entwickler und nigerianischer Freund von mir, den ich während unseres Studiums am University College London kennengelernt habe, wo er mit Abstand der Beste im Kurs war. Er hat einen Abschluss in Computer Science, war jüngster Afrikaner mit Cisco Certificate und hat Arbeitserfahrung bei Amazon, als Unternehmer und im Bildungsbereich, wo er längere Zeit mit Kindern gearbeitet hat.
und ich, Paul Varga: Ich habe einen Abschluss in Biotechnologie von der BOKU Wien und in Technology Entrepreneurship vom University College London - wo ich dank Tolulope Zweitbester war. Dazu habe ich jahrelange Erfahrung im Gesundheitsbereich, durch verschiedenste Jobs und im Bereich Finanzierung für Jung-Unternehmen. Meine Mutter arbeitet für eine Zahnärztin.
Da wir alle keine Zahnmediziner sind, arbeiten wir eng mit einigen zusammen. Wir bauen auch gerade ein offizielles Advisory Board. Zusätzlich arbeiten wir mit zwei Hardware-Ingenieuren, einer Grafikdesignerin, einer Gaming-Expertin und zwei Public Health-Experten zusammen.
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"Ich arbeite für mich selbst und meistens gegen die Zeit."
Was macht Ihr Unternehmen aus?Uns gibt es erst seit 8 Monaten, wir sind relativ klein (5 Leute) und arbeiten remote. Es ist eine große Selbstständigkeit und Flexibilität gefragt und schreitet sehr schnell voran. Grundsätzlich geht es darum, Probleme zu lösen und kreativ zu sein.
Wie läuft ein normaler Arbeitstag ab?
Früh aufstehen, spät schlafen gehen - ich arbeite für mich selbst und meistens gegen die Zeit. Meine Tätigkeiten sind vielfältig (Programmieren, Produkt testen, Präsentieren vor Schulen, Kindergärten, auf Konferenzen, vor Investoren, Dokumente und Materialien vorbereiten, Social Media Marketing, Videos und Spiele Designen, Zahnärzte treffen, etc.).
Was ist aus Ihrer Sicht das Spannendste an Ihrem Job?
Mit Kindern zu arbeiten und deren Feedback in tolle Spiele zu verarbeiten, die Zähneputzen endlich spannend machen.
Die Fragen stellte Claudia Kluckhuhn.