Jeden Mittwoch kam der Präsident
Eigene Praxis, Kammer und Bundesspitze - in diesem Spannungsfeld bewegt sich Dreihaupt seit 26 Jahren. Am 18. Juni übergibt er den Staffelstab an seinen Nachfolger. Welche Gefühle er damit verbindet, und welche Eckpunkte in seinem beruflichen Leben bisher wichtig waren, schildert er beim persönlichen Gespräch in Tangerhütte.
Dr. Dreihaupt, hätten Sie die Wahl: Würden Sie nochmal Kammerpräsident werden wollen?
Dr. Frank Dreihaupt:Ja! Wir konzentrieren uns auf die Länderebene, das haben wir in Sachsen-Anhalt ganz gut hin gekriegt. Ich habe immer den Anspruch gehabt, für die Kollegen da zu sein. Ichsympathisiere auch mit der Idee der Hauptamtlichkeit bei Kammerämtern. Ich war jeden Mittwoch in der Kammer, das war nicht nur für mich, sondern auch für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle und die Zahnärzteschaft eine feste Größe. Manchmal war der Arbeitsaufwand jedoch so groß, dass die ganze Woche aus "Mittwoch" hätte bestehen können.
Was ist für Sie ein perfekter Tag?
Wenn ich zufriedene Patienten habe und in der Kammer alles läuft.
Was gehört zu den größten Erfolgen in Ihrem Leben?
Wir sind gestartet mit einer Praxis, die aus zwei Sprechzimmern, zwei Mitarbeiterinnen und einer Reinigungskraft bestand. Heute arbeiten wir mit inzwischen 24 Personen im Team, darunter fünf Zahnärzten an zwei Standorten.
Worauf sind Sie rückblickend besonders stolz?
Darauf, dass sich die Fortbildungstage in Wernigerode so gut etabliert haben, mit immer um die 900 bis 1.000 Teilnehmern. Dazu gehören 300 bis 350 Helferinnen, und 500 bis 600 Zahnärzte, das ist von den Niedergelassenen bei uns im Land fast die Hälfte. Hinzu kommt der Zahnärztetag im Herrenkrug in Magdeburg, mit in der Regel um die 300 bis 330 Teilnehmern. Mit zwei Vorträgen, einem Festvortrag und einem Ball am Abend.
Und was war für Sie die größte Herausforderung auf Bundesebene?
Die Korb-Diskussion damals in den 90er Jahren, wo es hieß 'Zahnärzte raus aus der GKV'. Ich war dagegen. Denn: Wir Zahnärzte in Sachsen-Anhalt hatten kein Geld und waren auf die GKV angewiesen. Ich konnte doch nicht meine Kollegen in den Korb treiben, das wäre unverantwortlich gewesen.
Was war für Sie die größte Niederlage?
Eine persönliche, schwere Enttäuschung. In der DDR-Zeit hatte ich einen guten Kollegen, der oft zu uns nach Hause zu Besuch kam. Er war Chef einer Poliklinik in Magdeburg und war nicht in der Partei, obwohl Chefposten in der Regel nur mit SED-Mitgliedschaft bekleidet werden konnten. 1992 verdichtete sich der Verdacht, dass er als IM für die Stasi arbeitete. Es war eine gute Tarnung, nicht Mitglied der Partei zu sein. Der Verdacht wurde Gewissheit, der Kollege war inzwischen Mitglied im Kammervorstand und in der Kammerversammlung. Mir war wichtig, eine Rückforderung seiner Aufwandsentschädigung durchzusetzen. Es ging mir um das Ehrenamt, das er mit Füßen getreten hatte. Ich setzte mich durch. Die Kammer erhielt das Geld zurück. In meiner Stasi-Akte konnte ich später die Details über seine IM-Tätigkeit über mich nachlesen.
Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal geweint?
Eine gute Frage! Schlucken musste ich bei den Fortbildungstagen letzten Herbst in Wernigerode, wo ich mich in diesem Kreis verabschiedet habe. Und immer, wenn die Nationalhymne gespielt wird, wird mir komisch. Das Ruinenlied mochte ich nicht so. Richtig gerührt war ich, als ich das erste Mal nach der Wende über die Grenze in den Westen fuhr.
Was wird Ihnen nun fehlen?
Ich habe immer mittags in der Kammer angerufen und bei der Geschäftsführerin nachgefragt, ob etwas anliegt. Mit einem Augenzwinkern: Nach dem 18. Juni wird keiner mehr wollen, dass ich anrufe …
Ein Porträt von Dr. Frank Dreihaupt und seine Tätigkeit vor und nach der Wende lesen Sie in den zm 11/2016.