Kartellrecht gilt erstmals für Kassen
Der Widerstand führender Kassenvertreter und des für die Rechtsaufsicht für die Krankenkassen zuständigen Bundesversicherungsamts (BVA) blieb insoweit am Ende erfolglos. Wie das "Handelsblatt" meldet, ist der Einfluss des Kartellamts aber auf Drängen der Länder im Vermittlungsverfahren begrenzt worden: Vor jeder Entscheidung muss es sich mit dem BVA und den für Ortskrankenkassen zuständigen Landesaufsichten verständigen. Im Streit entscheiden zudem die Sozialgerichte statt des Oberlandesgerichts Düsseldorf und des Bundesgerichtshofs, die normalerweise für Kartellsachen zuständig sind.
Positiv reagierten die Krankenkassen. AOK-Vorstand Jürgen Graalmann lobte, dass auf eine Anknüpfung an das für Privatbetriebe geltende europarechtlich dominierte Kartellrecht verzichtet worden sei. "Deutschland sollte keine gesundheitspolitischen Kompetenzen nach Brüssel geben", sagte Graalmann dem "Handelsblatt".
"Ein typischer politischer Kompromiss"
Kartellrechtsexperten bewerteten die Entscheidung weniger positiv. "Das ist ein typischer politischer Kompromiss. Seine Umsetzung in der Praxis wird alle Beteiligten vor große Probleme stellen," zitiert die Zeitung Axel Gutermuth von der internationalen Kanzlei Arnold & Porter.
Nach seiner Ansicht zeigt die Einigung, "wie wenig der Vermittlungsausschuss dem Wettbewerbsschutz im Kassenbereich tatsächlich zum Durchbruch verhelfen wollte". Gutermuth, der unter anderem die Pharmaindustrie in Kartellverfahren vertritt, rechnet nicht damit, dass es dem Kartellamt gelingen wird, ein Verbot von Kassenfusionen künftig gegen die Versicherungsämter durchzusetzen. Seit 2008 sank die Zahl der Kassen durch Zusammenschlüsse von 221 auf 134.