Diskussion zur Akut- und Notfallversorgung

KBV: „Wir wollen als KV nicht die Aufsicht über den Schockraum“

pr
Nicht gegeneinander, sondern miteinander – so wollen sich KBV und Notfallmediziner bei der Reform der Notfallversorgung aufstellen. Das wurde gestern auf eine Diskussionsrunde in Berlin deutlich.

Die Notfallversorgung soll reformiert werden. Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung liegt seit Januar vor und die Stellungnahmen der Verbände sind erfolgt. Umstritten ist die Verantwortung über die neu geplanten Integrierten Notfallzentren (INZ). Das Thema stand deshalb auch aktuell im Fokus der „Kontroversen Mittagspause“ bei der KBV gestern in Berlin. Was unter dem Motto „Eine Stunde Streitgespräch, zwei Diskutanten“ angekündigt war, verlief aber zu großen Teilen im Einvernehmen.

Die ideale Vorstellung wäre, im Konsens zu gestalten, wie die Notfallversorgung besser aufgeteilt werden sollte, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen in seiner Begrüßung. „Wir wollen als KV nicht die Aufsicht über den Schockraum“, sagte er. Die zentrale Notfallaufnahme der Krankenhäuser sei nicht dazu da, um Bagatellen zu behandeln, die Ressourcen seien begrenzt und müssten Bedürftigen vorbehalten bleiben.

"Die Leitung von Portalpraxen obliegen den KVen"

Es diskutierten Prof. Dr. André Gries, Sprecher der Sektion „Strukturen Klinische Akut- und Notfallmedizin“ der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V., und Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, moderiert von Denis Nößler, stellvertretender Chefredakteur der Ärzte Zeitung. Einigkeit bestand vor allem darin, dass Patienten je nach Dringlichkeit in die für sie zuständige Versorgungsebene gesteuert werden müssten.

Hofmeister betonte, dass der Gesetzentwurf zwar den KVen die Verantwortung für die Leitung der neuen Integrierten Notfallzentren für akute Fälle in den Kliniken übertragen wolle. Dies heiße aber nicht, dass sie auch Einfluss auf die Notaufnahme haben sollten. Niedergelassene Ärzte seien für die ambulanten Fälle zuständig, klinische Notfälle seien den Kliniken vorbehalten. Menschen, die die Klinik noch zu Fuß erreichen könnten, seien im Prinzip für die ambulante Versorgung bestimmt. Akut- und Notfälle seien zu trennen. Es gehe um Kooperation, und nicht darum, einen eigenen Notfallbereich als dritten Sektor zu schaffen. Die Leitung von Portalpraxen obliegen der KV.

"Es fehlen Vorgaben für die Qualifikation der Ärzte"

Gries erklärte, dass der Gesetzesentwurf in Bezug auf die INZ zu unkonkret gefasst sei, wenn es um die Ausgestaltung der Kooperation zwischen ambulantem und stationärem Bereich geht. Hier müsse nachgeschärft werden. Er forderte eine Standardisierung bei der KV-Notfallversorgung. Für ihn missverständlich: die Zuordnung der INZ zu den KVen. Es fehlten Vorgaben für die Qualifikation der Ärzte, die in den INZ arbeiten sollen.

Gries betonte, die Leitungsfunktion werde falsch verstanden, es gehe um organisatorische statt um fachliche Leitung. Das Problem sei, dass derzeit oft Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen für die Bereitschaftsdienste eingeteilt seien, weil diese unsicher seien, würden sie akute Fälle in die Notfallambulanz der Kliniken schicken. Die personelle Struktur des INZ müsse geklärt werden.

Einig waren sich die Diskutanten, dass es verbesserte Standards bei der Weiterbildung geben sollte. Auch der Ärztemangel sei ein sektorenübergreifend zu lösendes Problem. Ebenfalls müssten regionale Belange im Gesetz geklärt werden – nicht jedes Krankenhaus benötige ein INZ.

Was müsste das Gesetz regeln, damit die ambulante wie stationäre Notfallversorgung gut funktionieren könne?, fragte der Moderator die Diskutanten. Für Gries unerlässlich: die Regelung von Bedürftigkeit und Bedarfen in der Versorgung, ressourcenschonende Organisationsformen und die Regelung der Erreichbarkeit. Für Hofmeister kommt ergänzend der Aspekt der Steuerung dazu: „Wir müssen dem Bürger helfen, den richtigen Weg in Anspruch zu nehmen.“

Die politische Diskussion um die Inhalte des Gesetzesentwurfs gehen weiter. Bis zum Sommer wird ein Kabinettsentwurf erwartet. 

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