Krank durch Gluten
Durchfall, Nährstoffmangel, aber auch Müdigkeit, Depressionen oder zum Beispiel eine Migräne können die Folge sein. Allerdings zeigen sich häufig auch keine klar umrissenen Symptome. Von „einer hohen Anzahl an erkrankten, aber nicht diagnostizierten Personen“ gehen Experten der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) in ihrer Leitlinie „Zöliakie“ aus. Insbesondere Menschen mit einem erhöhten Risiko sollten einen Zöliakie-Test durchführen lassen, so die Empfehlung.
„Es gibt eine ganze Reihe von Erkrankungen, die mit einer Zöliakie einhergehen“, sagt Prof. Detlef Schuppan, Leiter der Zöliakie-Ambulanz am Universitätsklinikum Mainz, der gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Andreas Stallmach aus Jena die Leitlinie mitentwickelt hat.
Betroffene leben besser ohne Gluten
Hierzu gehören vor allem andere Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes oder autoimmune Schilddrüsenentzündungen. Aber auch unklare Leberwerterhöhungen, rheumatische Beschwerden, Migräne, Depressionen, eine leichte Blutarmut oder Osteoporose sind oft mit einer Zöliakie verbunden. „Bei diesen Risikopersonen und nahen Verwandten von Betroffenen sollten Ärzte einen Zöliakie-Test empfehlen“, meint Schuppan. Häufig merkten die Patienten erst mit der glutenfreien Diät, dass es ihnen unter glutenhaltiger Ernährung deutlich schlechter gegangen ist.
Beim Kleinkind zeigt sich eine Zöliakie meist mit typischen Symptomen wie Durchfällen, einem aufgeblähten Bauch sowie Mangelerscheinungen. Darüber hinaus wachsen und gedeihen die Kinder nicht gut. Erwachsene klagen bei der erstmaligen Diagnose häufig über lang bestehende Verdauungsbeschwerden, Erschöpfung und psychische Beeinträchtigungen. Viele Patienten haben auch überhaupt keine typischen Symptome.
Das Chamäleon der Gastroenterologie
„Die Zöliakie kann in jedem Alter auftreten und hat sehr viele Erscheinungsformen, wir nennen sie daher auch das ‚Chamäleon der Gastroenterologie‘ “, sagt Stallmach. So trete die Erkrankung auch oft in Zusammenhang mit einer bläschenbildenden Hautkrankheit, der „Dermatitis herpetiformis Duhring“, auf.
Um eine Zöliakie nachzuweisen, untersuchen Mediziner das Blut auf die in der Regel erhöhten Autoantikörper gegen das Enzym „Gewebetransglutaminase“. Wenn die Patienten sich bis zuletzt glutenhaltig ernährt haben, können die Ärzte damit die Erkrankung in der Regel von ähnlichen Leiden wie der Weizenallergie oder einer Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität unterscheiden. Ist das Ergebnis nicht eindeutig, können genetische Risikomarker im Blut Aufschluss geben. Den Verdacht bestätigt dann die Untersuchung von Gewebeproben aus dem Dünndarm.
Den Betroffenen hilft nur der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel aus Weizen, Dinkel, Gerste oder Roggen - wie zum Beispiel Brot, Nudeln, Pizza oder Bier. Hierzu gehören heutzutage auch die meisten verfeinerten Nahrungsmittel, die häufig Glutenbeimengungen enthalten. „Ärzte und Patienten müssen wissen, dass eine frühe Diagnose und die damit verbundene Empfehlung zur glutenfreien Diät Mangelerscheinungen und Folgeerkrankungen verhindern kann“, sagt Stallmach. „Hier kann die Deutsche Zöliakie Gesellschaft wertvolle Tipps geben“, so der Mediziner.
Unentdeckt drohen weitere Autoimmunerkrankungen
Bleibe die Krankheit unentdeckt, erhöhe dies unter anderem das Risiko für weitere Autoimmunerkrankungen wie etwa Typ-1-Diabetes. „Unser Anliegen ist es, Ärzte darin zu trainieren, Zöliakie in ihren verschiedensten Erscheinungsformen zu identifizieren“, sagt der Experte.