Krank durch Instagram & Co.?
Laut Auswertung sind vor allem Frauen betroffen – mit rund 88 Prozent vor allem solche zwischen 18 und 29 Jahren. Die Essstörungen beginnen dabei oft schon in der Pubertät und damit in einer besonders sensiblen Lebensphase, schreibt die KKH in einer Mitteilung. Nach den aktuellsten Zahlen leiden mittlerweile 17 von 1.000 Frauen im Alter von 12 bis 17 Jahren an einer diagnostizierten Essstörung, bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 20 von 1.000. Die KKH hat für ihren Bericht bundesweite Daten zur Häufigkeit von Essstörungen (ICD-10-Code F50) ausgewertet. Diese beinhalten sowohl Anorexia nervosa (Magersucht), Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht) als auch Binge-Eating, also unkontrollierbare Essattacken, die nicht selten mit starkem Übergewicht oder Adipositas einhergehen.
Das Dramatische: Die Dunkelziffer ist nach Angaben der KKH hoch und unbehandelt können Essstörungen tödlich enden. So starben 2020 laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 80 Menschen in Deutschland aufgrund von Essstörungen. Das sind 73 Prozent mehr als zwei Jahre zuvor – 2018 gab es 46 Todesfälle. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der stationär behandelten Essstörungen laut Destatis von 10.622 Fällen (2018) auf 12.699 Fälle (2020).
„Soziale Medien forcieren Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper“
Doch was treibt vor allem immer mehr junge Frauen in die Magersucht? Hinter Essstörungen verbergen sich meist tiefer liegende seelische Probleme, schreibt die KKH. „Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von traumatischen Erlebnissen wie Missbrauch über familiäre Konflikte bis hin zu Leistungsdruck und Mobbing“. Eine immer größere Rolle spielten aber auch Stars in sozialen Medien wie Instagram, YouTube & Co. „Der Boom vermeintlich perfekter Selfies zeichnet ein unerreichbares und gefährliches Körperideal“, warnt die Krankenkasse. „Solche Vorbilder können Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und auch dem eigenen Körper forcieren. Sie erzeugen einen starken Druck, dem propagierten Körperbild zu entsprechen. Das kann die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens begünstigen.“
Haben Betroffene erst einmal eine Essstörung entwickelt, ist es mit einfachen Ratschlägen nicht getan, informiert die KKH, die das Thema seit Jahren intensiv verfolgt. „Denn Bulimie und Magersucht sind schwere psychische Erkrankungen, die häufig mit Angststörungen, Depressionen, selbstverletzendem Verhalten oder Suchterkrankungen einhergehen.“
Essstörungen sind nicht nur ein Thema junger Erwachsener
Betroffen sind jedoch nicht nur junge Erwachsene, warnt die Krankenkasse. Ein Bericht aus dem Frühjahr 2022 zeigte etwa, dass die Zahl der Betroffenen unter den 40- bis 49-Jährigen von 2010 auf 2020 um rund 35 Prozent – und unter den 50- bis 59-Jährigen sogar um mehr als 70 Prozent gestiegen ist. Hier sind die Ursachen häufig anders gelagert, vermutet die KKH: „Auslöser können schwere Lebenskrisen und die Angst sein, in unserer jugendfixierten Gesellschaft nicht mehr mithalten zu können, weniger erfolgreich, nicht mehr anerkannt und konkurrenzfähig zu sein.“