Krankenhaus bei Arztfehlern für psychische Erkrankungen von Angehörigen haftbar
In dem vorliegenden Fall hatte eine Frau ein Kölner Krankenhaus verklagt, in dem ihr Mann als Patient behandelt worden war. Nach einer Darmspiegelung traten bei dem Patienten Komplikationen auf. Nachdem zwei Gutachten Behandlungsfehler der Klinik bestätigten, einigte sich der Patient mit dem Haftpflichtversicherer der Klinik auf eine Abfindungszahlung in Höhe von 90.000 Euro.
Weil ihr Mann mehrere Wochen in akuter Lebensgefahr schwebte, habe sie Depressionen, psychosomatische Beschwerden und Angstzustände bekommen, argumentierte die Frau bei ihrer Klage. Unter anderem das Oberlandesgericht (OLG) Köln wies die Klage ab. Das Erleben einer nach ärztlicher Behandlung eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines nahen Angehörigen sei dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen, urteilte das OLG. Dies unterfalle nicht dem Schutzzweck der deliktischen oder vertraglichen Haftung.
Psychische Störungen von Krankheitswert können eine Gesundheitsverletzung darstellen
Weil die Frau ihre Klage weiterverfolgte, landete der Fall beim BGH. Die obersten Richter sahen den Fall anders. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung können psychische Störungen von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung darstellen.
Die Schadensersatzpflicht für psychische Auswirkungen einer Verletzungshandlung setze nicht voraus, dass diese Auswirkungen eine organische Ursache haben. Es genüge vielmehr die Gewissheit, dass die psychisch bedingte Gesundheitsbeschädigung ohne die Verletzungshandlung nicht aufgetreten wäre. Psychische Beeinträchtigungen können aber nur dann als Gesundheitsverletzung angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar sind und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind, urteilten die Richter.
Das Oberlandesgericht muss den Fall nun neu verhandeln.
BGHAz.: VI ZR 299/17Urteil vom 21. Mai 2019