Krankenkassen 2013: Gegensätze ziehen sich an

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Koexistenz oder Konkurrenz - wie stehen sich PKV und GKV gegenüber? Auf dem Euroforum in Berlin positionierten sich die führenden Köpfe beider Lager. Mit erstaunlich übereinstimmenden Bewertungen.

Die Frage, welche Leistungen in den GKV-Katalog kommen und welche in Form von Wahltarifen angeboten werden, stand im Zentrum der Diskussion. Nicht ohne Grund, benennt sie doch den alten Streit nach den Grenzen zwischen GKV und PKV.

Dass diese Entscheidung von der Gesellschaft getroffen werden muss, betonte Günter Wältermann, AOK Rheinland/ Hamburg: "Wir müssen entscheiden, was uns unsere Gesundheitsversorgung Wert ist. Das ist eine gesellschaftliche Debatte, die wir ideologiefrei führen müssen."

Die AOK Rheinland/ Hamburg biete innerhalb des gesetzlichen Rahmens bereits GKV- und PKV-Leistungen aus einer Hand an, und zwar zusammen mit dem privaten Kooperationspartner vigo. Wältermann: "Im Portfolio der Kasse befinden sich Wahltarife zu KFO, Zahnersatz, aber auch zur häuslichen Krankenpflege und für den Brillenkauf."

Zwei Qualitätswelten - auch innerhalb der GKV

Die Frage, ob es jetzt schon zwei Qualitätswelten gebe, beantwortete er mit einem klaren "Ja“. Behandlungen beim Chefarzt und andere Add-ons müssten über separate Tarife finanziert werden, weil sie über die Grundsicherung hinausgingen. Jene müsse als Absicherung gegen alle elementaren Risiken bestimmt werden. Wältermann: "Wahltarife sollte man nur dort implementieren, wo man die Leistungen unmöglich im GKV-Katalog abbilden kann."

DAK-Chef Herbert Rebscher teilte die Auffassung, dass die Grenze zwischen GKV und PKV normativ-politisch definiert werden muss. Das individuelle Wahlrecht dürfe nicht systembildend sein. Denn ein potenter Junggeselle würde sich höchstwahrscheinlich immer für die PKV entscheiden, eine Familie mit mehreren Kindern dagegen für die GKV. Rebscher: "Dieses Problem muss sauber gelöst werden, damit an der Grenze keine Risikoselektion entsteht. Deswegen ist hier eine gesellschaftliche Entscheidung erforderlich. Diese Grenzziehung können wir nicht den individuellen Wahlakten der Versicherten überlassen." 

Das letzte System der Leibeigenschaft

Generell sei die PKV "das letzte System der Leibeigenschaft", weil die Risiken festgeschrieben seien und es schwierig bis unmöglich sei, ohne Verluste zu einem anderen Anbieter zu wechseln. Auch die kollektive Pflegeversicherung sei "nichts als eine Einheitsversicherung im Kleid der PKV".

Für ganz und gar überflüssig hält er den Streit "Bürgerversicherung versus Kopfpauschale". Rebscher: "Diese Debatte ist intellektueller Unsinn!" Während es bei der Bürgerkasse um die Frage gehe, wer ist versichert, werde bei der Prämie thematisiert, wie das Modell finanziert werden soll. Eine Kombination beider Systeme sei daher erforderlich. Allein der Blick zu den europäischen Nachbarn gebe ihm Recht - "überall finden wir einen Mix aus beiden Modellen".

Ein Plädoyer für die PKV hielt Roland Weber, Mitglied im Debeka-Vorstand. "Nur bei 1,1 Prozent unserer vollversicherten Arbeitnehmer und Selbstständigen liegt der Satz über dem GKV-Höchstbeitrag. Medienberichte, wonach die Altersrückstellungen der PKV in der Finanzkrise drastisch abgeschmolzen seien, stimmten nicht. Im Gegenteil: "Insgesamt sind die Reserven in der PKV von 120 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 180 Milliarden Euro im Jahr 2012 angestiegen." Auch die Ergebnisse der AOK-Studie sind in seinen Augen falsch: Nur 1,8 Prozent der Rentner in der PKV hätten ihren Versicherungsschutz reduziert oder die Selbstbeteiligung erhöht.

Die Dualität macht die Klasse

"Die PKV ist demografieresistent", erklärte Weber. Das gelte für Frauen und Männer gleichermaßen und sei ein entscheidender Vorteil des Kapitaldeckungsverfahrens. Weber: "Nur durch die Dualität zwischen der GKV und  der - neuen - PKV bleibt unser Gesundheitssystem auch in Zukunft Weltklasse!" Diese Chancen müsse man nutzen. Nachholbedarf gebe es indes in Bezug auf die Wechselmöglichkeiten: Auf Grundlage des Basistarifs sei dies für Gesunde zu viel und für Kranke zu wenig.

Nichts für System-Ästheten

Für PKV-Direktor Volker Leienbach erhält das duale System seine Berechtigung, weil es historisch gewachsen ist und damit entlang der Bedürfnisse gestaltet ist. "Gesundheit und Krankheit sind Alltagserfahrungen", sagte er. "Das Design sollte nicht System-Ästheten überlassen werden." Die PKV habe in der Krankenkassenlandschaft eine Korrektivfunktion. Leienbach: "Wir sind der Garant dafür, dass der GKV-Leistungskatalog nicht geschreddert wird." 

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