Labore rügen bayerischen Sonderweg
Derzeit seien die Labore dadurch bundesweit zu 97 Prozent ausgelastet. Das bedeute entgegen den Vorwochen zwar eine Entlastung, sei aber immer noch weit vom angestrebten Idealzustand entfernt. Dass die Auslastung die 100 Prozent nicht überschreitet, liege einzig daran, dass weitere Testkapazitäten aufgebaut werden konnten. „Gut wäre eine dauerhafte Auslastung nicht über 80 Prozent“, sagt Prof. Jan Kramer, stellvertretender Vorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. (ALM).
Der Vorsitzende des ALM e.V., Dr. Michael Müller, erläutert: „Während auf der einen Seite an einer gemeinsamen Impfstrategie gearbeitet wird und auch mit Blick auf die Intensivbetten der Fokus immer auf dem liegt, was medizinisch dringlich und wichtig ist, wird mit dieser unsachgemäßen und allen Empfehlungen widersprechenden Strategie im Süden Deutschlands eine unnötige Überlastung des Systems provoziert.“
Das Problem in Bayern
Das Problem in Bayern sei, so eine Sprecherin gegenüber zm-online, dass dort ein Sonderweg begangen werde: „In Bayern wird jeder getestet, der das möchte. Alle anderen Bundesländer testen nach der Nationalen Teststrategie des RKI.“ Diese sieht vor, Patienten nur noch zu testen, wenn mehrere Symptome wie hohes Fieber, Husten und Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns zusammenkommen, wenn die Patienten zur Risikogruppe gehören oder Kontakt mit einem Infizierten hatten.
Seit Wochen fordern die 162 unter ALM e.V. organisierten Labore die Fokussierung auf das "Notwendige". Die Zahl der Corona-Tests sind seit Monaten in die Höhe geschnellt, die Menschen in den Laboren arbeiten am Rande ihrer Belastungsgrenze. Zuletzt warnte ALM e.V. davor, dass es Lieferengpässe bei wichtigen Bestandteilen der Testungen, zum Beispiel bei Pipettenspitzen, gebe. Auch hatten sich nicht ausgewertete Tests angesammelt, die am Wochenanfang jeweils von der Vorwoche wegen Arbeitsüberlastung übriggeblieben waren. In einigen Laboren wurden die Kapazitäten nochmals ausgeweitet.
Der Winter steht noch bevor
In der KW 45 (2.-8. November) lag die Zahl der durchgeführten PCR-Tests bei 1.446.305 (Rückstau der unbearbeiteten Proben: 59.918 PCR-Tests), die Zahl war annähernd gleich wie in der Vorwoche. Der Rückstau und die „teils zu langen Befundlaufzeiten“ belege, so ALM, die aktuelle Überlastung der Labore.
Die Situation sei nach wie vor erheblich angespannt, Mitarbeiter seien am Rande der physischen und psychischen Belastbarkeit, die Maschinen arbeiteten am Anschlag. Dabei stehe die kritische Zeit noch bevor. „Bis wir einen Impfstoff haben und dann mit einer gezielten Impfstrategie für mehr Schutz in der Bevölkerung sorgen können, wird es noch eine ganze Weile dauern. Wir brauchen eine signifikante und spürbare Entlastung, um die nächste Etappe des Marathons bewältigen zu können: den bevorstehenden Winter“, sagt Müller.