Langes Tragen von Schutzmasken kann Migräne begünstigen
Die Studie wurde zwischen Mai und Juli 2021 im Ankara City Hospital durchgeführt. Insgesamt wurden 310 Migränepatienten aus der neurologischen Ambulanz, 280 (90,3 Prozent) weiblich und 30 (9,7 Prozent) männlich, in die Studie eingeschlossen. Die Migränediagnose wurde von ausgebildeten Neurologen nach den Kriterien der Internationalen Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen, 3. Auflage (ICHD-3) [15] gestellt.
Patienten mit einer Migränediagnose von weniger als zwei Jahren wurden von der Studie ausgeschlossen. Auch Patienten mit organischer Hirnerkrankung, kognitiver Beeinträchtigung und aktiver COVID-19-Infektion wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Alle Migränepatienten, die an der Studie teilnahmen, wurden von erfahrenen Neurologen persönlich befragt und während dieses Interviews wurden Fragebogenformulare ausgefüllt.
Häufigkeit und Schwere der Migräne stieg in der Pandemie an
Aus Fragebogenformularen wurden folgende Daten gewonnen: Alter, Geschlecht, Bildungsniveau, Komorbiditäten, Medikamente, Rauchen und Alkoholgewohnheiten, Beck Depression Inventory (BDI), Beck Anxiety Inventory (BAI) und die 12-Item-Allodynie-Symptom-Checkliste (ASC-12). Die Patienten wurden zudem nach ihrer aktuellen Migränehäufigkeit (pro Monat), der Anzahl der Migränetage (pro Monat), der Migräneanfalldauer (Stunden) und der Schwere der Kopfschmerzen (basierend auf dem visuellen Analogscore (VAS) zwischen 0 und 10) vor der Pandemie sowie am Ende des ersten Pandemiejahres gefragt.
Außerdem wurden die Beschäftigung (arbeitslos, Home-Office oder nicht, Teilzeit oder Vollzeit, Gesundheitspersonal oder nicht) sowie die verwendeten Maskentypen (chirurgische Maske oder N95 Atemschutzmasken mit okzipitalen oder präaurikulären elastischen Kopfbändern) und deren tägliche Nutzungszeiten sowie die Verwendung und Nutzungshäufigkeit von Desinfektionsmittel erfasst.
Ergebnis: Unter Berücksichtigung aller Migränepatienten stiegen die Häufigkeit der Migräne, die Anzahl der Tage mit Migräne, die Dauer der Attacken und die Schwere der Kopfschmerzen in der Pandemiezeit im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie signifikant an.
Vor der Pandemie (n=310)
Während der Pandemie (n=310)
Häufigkeit (pro Monat)
3.92±3.39
5.11±4.20
Migränetage (pro Monat)
5.37±4.42
7,52±5,75
Dauer der Migräne(Stunden)
31.50±20.80
35.36±22.65
≤12
94 (30.6%)
79 (25.7%)
13–24
116 (37.8%)
105 (34.2%)
25–48
51 (16.6%)
57 (18.6%)
48–72
36 (11.7%)
46 (15.0%)
>72
10 (3.3%)
20 (6.5%)
Schwere der Kopfschmerzen
7.44±1.74
8.01±1.78
Menschen mit einer Zunahme der Migränehäufigkeit, der Migränetage pro Monat, der Dauer der Migräneattacke oder der Schwere der Kopfschmerzen wurde als die sich verschlechternde Migränegruppe (177 Patienten, 57,1 Prozent) definiert, während keine oder nur minimale Veränderung eines dieser Parameter als stabile Migränegruppe definiert wurde (96 Patienten, 31 Prozent). Wenn keiner der Parameter zunahm, aber eine Abnahme bei mindestens einem Parameter beobachtet wurde, wurden die Probanden der sich verbessernden Migränegruppe (37 Patienten, 11,6 Prozent) zugeteilt. Während des Pandemiezeitraums berichteten 176 (56,8 Prozent) Patienten über einen Anstieg des Konsums von Schmerzmitteln und 96 (31 Prozent) Patienten mit Migräne-spezifischen Medikamenten.
Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildungsstatus, Berufstyp, Gesundheitspersonal, Alkoholkonsum und Rauchgewohnheiten. Die Gruppen waren in Bezug auf neurologische, psychologische und andere Komorbiditäten vergleichbar. Die Häufigkeit der Diagnose von COVID-19 war zwischen den Gruppen ähnlich. Die Verwendung von Kopfhautkontaktmasken und Doppelmasken war in der sich verschlechternden Gruppe häufiger als in der stabilen und verbessernden Gruppe.
(Doppel-)Maske und Desinfektionsmittel sind die Ursachen
Fazit der Autoren: während der Pandemiezeit verschlechterte sich bei mehr als der Hälfte der beobachteten Patienten die die Migräne, nur bei einem Zehntel war eine Verringerung der Migräneschwere zu beobachten. Die Verschlechterung der Migräne war dabei mit dem Tragen einer Maske für eine lange Zeit (≥ 4 Stunden pro Tag) sowie der Verwendung von Doppelmasken und Modellen, deren Haltebänder Kontakt zur Kopfhaut aufweisen. Patienten, deren Migräne durch Geruch ausgelöst wurde, hatten eine höhere Inzidenz von Migräneverschlechterungen. Außerdem stellten die Forschenden fest, dass übermäßiger Desinfektionsmittelgebrauch (hier definiert als mehr als dreimal täglich) eine der Ursachen für eine Verschlechterung der Migräne in der Beobachtungsgruppe war.
Als Einschränkung ihrer Studie benannten die Autoren, dass die Mehrheit der beobachteten Patienten kein regelmäßiges Migränetagebuch hatte. Da die Patienten einige Fragen zu Migränemerkmalen aus ihren Erinnerungen beantwortet haben, können diese Antworten verzerrt sein. Eine weitere Verzerrung der Studie könnte sich durch die hohe Anzahl weiblicher Patienten in der Studienpopulation ergeben.
Yuksel, Hatice et al., „The impacts of masks and disinfectants on migraine patients in the COVID-19 pandemic.”Journal of clinical neuroscience: official journal of the Neurosurgical Society of Australasia, vol. 97 87-92. 13 Jan. 2022,doi:10.1016/j.jocn.2022.01.006