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Dr. Robert Mühlig

„Man darf nicht müde werden, Entscheidungen zu treffen“

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zm starter

Bei der Gründung ging es mir wie vielen anderen auch: Mir war die Selbstverwirklichung wichtig. Ich wollte meine eigenen Entscheidungen treffen, meine Praxis nach meinen ­Ideen und Vorstellungen gestalten und dabei alle Zügel in der Hand haben. Außerdem wollte ich mehr erreichen, als in einer Anstellung möglich gewesen wäre. Eine Übernahme halte ich grundsätzlich für schlau, denn sie ist in der Regel etwas bequemer: Man beginnt nicht bei null, viele Prozesse und auch Einnahmen sind schon im Fluss, Mitarbeiter und Patienten vorhanden. Leider wurde meine Übernahme durch die Abgeberin erschwert, die am Ende doch nicht loslassen wollte. Das war mental sehr belastend für mich. Aber mit dieser Situation musste ich fertigwerden. Weitermachen – das ist meine persönliche Bewältigungsstrategie.

Ich bin ein Mensch, der gerne organisiert und vorankommt. Ich mag Projekte, ihre Entwicklung und suche ­immer das nächste. Entscheidungen zu treffen, fällt mir nicht allzu schwer. Das hat mir den Schritt in die Selbstständigkeit sicherlich erleichtert. Sorgen hatte ich jedoch bei dem Gedanken, für alles allein verantwortlich zu sein – für die Mitarbeiter und deren Bezahlung am Ende des Monats, für die Immobilie der Praxis und die Abrechnung. Für mich hört die Arbeit ja nicht auf, wenn ich die Praxis abends verlasse. Man ist ­immer involviert, auch am Wochenende. Als Angestellter muss man sich nicht in all diesen Bereichen auskennen, weil das gar nicht erforderlich ist. Als Selbstständiger muss man das und lernt ­vieles „on the road“. Dabei leiten mich mein Gefühl und meine Menschenkenntnis.

Ich schätze mein Team. Wichtig ist mir, dass sich alle als Teil des Gesamtprojekts sehen und jeder eben seinen Beitrag dazu leistet, anstatt nur für den Chef zu arbeiten. Ehrlicherweise fließt ­meine Hauptenergie in die ­Führung, Pflege und Aufrechterhaltung der Harmonie des Teams – zum Beispiel in die Wiederzusammenführung nach einem Streit. Das erfordert viel Einfühlungsvermögen. Das hat mir vorher weder jemand gesagt noch gezeigt. Man muss immer lenken und nachjustieren. Höhen und Tiefen gehören dazu und das hört auch nie auf. Im Vergleich zur Gründungsphase merke ich jedoch, dass eine gewisse Entscheidungsmüdigkeit eintritt.

Ich komme morgens sehr gerne in die Praxis. Ich würde sagen, dass es mir gelungen ist, ein harmonisches Team aufzubauen. Das ist fundamental für eine gute Arbeit, denn ich verbringe mit diesen Menschen die meiste Zeit des Tages. Außerdem bin ich selbst sehr harmoniebedürftig. Aus der guten Zusammenarbeit schöpfe ich auch wieder Kraft fürs Weitermachen.

Das rät der Praxisberater

Was kann man tun, wenn die Abgeberin – entgegen der ­Absprachen – leider doch Schwierigkeiten macht?

Grundsätzlich kann man sich davor nie absichern. Sollte es zu Problemen kommen, gilt es Ruhe zu bewahren und sich mit seinem Anwalt, Steuerberater und/oder Gründungsberater zu besprechen. Oftmals lassen sich die Dinge lösen und das Beraterteam kann fachlich und mental unterstützen sowie gegebenenfalls auch vermitteln. Sollte sich die Situation zuspitzen, empfehle ich den Weg zum Rechtsanwalt, auch, um den Betrieb zu schützen. Es ist allerdings nicht immer ratsam, sein Recht einzuklagen und die Situation ­weiter anzuspannen. Wir empfehlen unseren Mandanten stets eine klare Kommunikation, möglichst keine bindenden Verträge, wenn man den Abgeber nicht schon länger kennt.


Wie geht man mit der Sorge vor der Gesamtverantwortung um?

Die beste Vorbereitung ist, sich in der Anstellung bereits auszuprobieren und neben der Patientenversorgung auch Verantwortungsbereiche leiten zu dürfen. Wenn das nicht geht, helfen Fortbildungen und Coachings zwar, allerdings ist es wie mit der Herdplatte, die man selbst angefasst haben muss. Aus unserer Beratersicht ist es nahezu immer ein normaler Prozess, bei Bedarf kann man aber auch einen Coach konsultieren, um die Herausforderungen direkt zu besprechen.


Entscheidungsmüdigkeit stellt sich ein. Was kann man ­dagegen tun?

Dass man irgendwann auch einmal müde wird, ist vollkommen verständlich. In erster Linie ist es der Umgang mit Entscheidungen parallel zum hohen Arbeitsaufkommen wesentlich. Eine Praxisgründung ist ein Marathon und kein Sprint. Wir verstehen unsere Aufgabe darin, dem Gründer die Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Wir empfehlen, sich bei kniffligen Fragen doch Unterstützung zu holen und das Privatleben und Erholungszeiten nicht zu vergessen. Das gibt Kraft für neue und herausfordernde Entscheidungen.


Praxisberater Robert Döringer, Bollwerk, Hamburg

Mein Fazit: Am Ende kommt es tatsächlich oftmals anders als geplant. Das bedeutet jedoch lediglich, dass der Plan angepasst werden muss, um weiterzumachen. So wollte ich beispielsweise nie ein Eigenlabor haben, habe aber die Möglichkeit bekommen, das Labor meines Zahntechnikers zu übernehmen. Jetzt bin ich sehr glücklich damit, denn wir können viel schneller arbeiten und Innovationen vorantreiben. Man sollte also flexibel bleiben, wenn Entscheidungen getroffen werden.

Und ich denke, es kommt auch darauf an, dass der Zeitpunkt für die Dinge passt. ­Etwas vor sich herzuschieben, ist nicht die Lösung. Ich sehe die ­Praxis als ­meinen Hobbyraum, in dem ich Neues­ ausprobiere und an Ideen herumschraube. Wenn man bei den ­Gründungsplänen mal ins Straucheln gerät oder zweifelt, möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen Folgendes ­sagen: Es muss nicht alles einheitlich sein und auch nicht immer höher, schneller, weiter. Vielmehr muss es zum eigenen ­Charakter, den Lebensentwürfen und -umständen passen. Und das kann auch eine kleine Praxis sein!

Um dabei zu helfen, steht meine Praxis für Hospitationen offen. Kolleginnen und Kollegen können das Eigenlabor in Augenschein nehmen oder die Implantologie ausprobieren.

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