Mehr Geld für Millionen Pflegebedürftige
Die gut 2,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland sollen 2015 um bis zu vier Prozent erhöhte Leistungen bekommen. Eine solche Anhebung würde mit 890 Millionen Euro zu Buche schlagen, wie aus einer der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Aufstellung des Bundesgesundheitsministeriums hervorgeht.
Größter Ausgabenblock der anstehenden Pflegereform soll demnach der geplante Vorsorgefonds für die Jahre ab 2035 sein. Die regelmäßige Anhebung wurde mit der Pflegereform 2008 vorgegeben. Allerdings gibt es bei den Regierungspartnern nach Informationen der Nachrichtenagentur auch die Überlegung, die Dynamisierung der Leistungen zunächst geringer ausfallen zu lassen, um mehr Geld übrig zu haben.
Einführung des Vorsorgefonds soll 1,2 Milliarden Euro kosten
Alle drei Jahre - erstmals 2014 - hat die Regierung zu prüfen, ob die Leistungen gemäß der Preisentwicklung anzuheben sind. Laut aktuellem Koalitionsvertrag soll der geplante Anstieg des Beitragssatzes 2015 von 2,05 Prozent (Kinderlose: 2,3 Prozent) um 0,3 Punkte auch dazu dienen. Später soll es um weitere 0,2 Punkte nach oben gehen.
Die Einführung des Vorsorgefonds soll ab 2015 1,2 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Die Mittel für den von der CDU durchgesetzten Fonds sollen demnach rund 20 Jahre angespart werden. In den folgenden 20 Jahren sollen so die Beiträge stabilisiert werden, wenn geburtenstarke Jahrgänge ins Pflegealter kommen. Mit 510 Millionen Euro pro Jahr soll eine bessere Betreuung zu Buche schlagen.
290 Millionen Euro für die Pflege zu Hause
In Heimen sind neben Fachkräften heute 24.000 nachträglich qualifizierte Kräfte im Einsatz - etwa für Beschäftigung mit Dementen. Künftig sollen es 45.000 sein. Auch körperlich Pflegebedürftige sollen besser betreut werden. 290 Millionen Euro soll der geplante Ausbau entsprechender Leistungen für zu Hause Gepflegte kosten. Die Kosten für Lohnersatz veranschlagt das Ministerium auf bis zu 100 Millionen Euro. Wer Pflege daheim organisieren muss, hat das Recht auf zehn Tage Auszeit - künftig soll es dafür Lohnersatz geben.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sagte, ein Kernziel der Pläne sei eine unbürokratische Entlastung der Pflegenden. "Wir stärken die Pflege zu Hause und bauen im Vorgriff auf den Pflegebedürftigkeitsbegriff die Betreuungsleistungen deutlich aus", sagte CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn. Die Linke-Pflegeexpertin Pia Zimmermann kritisierte, unklar sei, ob das Geld wirklich komplett da ankomme, wo es dringend gebraucht werde.
Sozialverband VdK fordert volle Einführung eines neuen Pflegebegriffs
Angesichts des Mangels an Fachkräften sagte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU), sei zu überlegen, die Pflegeausbildung von schulischen Elementen zu entlasten und stärker an der dualen Ausbildung zu orientieren. In einer zweiten Reform-Etappe sollen die heutigen drei Pflegestufen durch fünf weiter gefasste Pflegegrade ersetzt werden. Auch wer etwa Einschränkungen im Wahrnehmen und Bewusstsein hat, soll durch die Einführung eines neuen Pflegebegriffs künftig offiziell als pflegebedürftig gelten.
Profitieren sollen vor allem die immer zahlreicheren Demenzkranken. Die Zukunft der Pflege könnte bald auch den Petitionsausschuss des Bundestags beschäftigten: Der Sozialverband VdK reichte eine Petition ein, in der die volle Einführung eines neuen Pflegebegriffs gefordert wird. Denn Sozialverbände und Opposition zweifeln daran, dass dieses Projekt nach jahrelangen Ankündigungen tatsächlich in wünschenswertem Ausmaß kommt. Der Pflegebevollmächtigte der Regierung, Karl-Josef Laumann (CDU), kündigte Mitte der Woche in Hannover erstmals an, der neue Pflegebegriff werde bis zum 1. Januar 2017 umgesetzt.
Von Basil Wegener, dpa