Mit Schnupfen in die Notaufnahme
Jeder fünfte Patient in einer Notaufnahme hätte laut einer Studie eigentlich gar nicht dort behandelt werden müssen. Die Untersuchung mit fast 5.000 Patienten soll diese Woche auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) in Hamburg vorgestellt werden.
Zugleich berichten Experten über den Trend, dass allgemein mehr Patienten in die Notaufnahmen kommen. Laut DGINA-Hochrechnungen sucht etwa ein Viertel der Deutschen mindestens einmal im Jahr eine solche auf.
Wartezeiten verlängern sich
Die Hamburger Gesundheitsbehörde hat nun ein Faltblatt für die Einwohner der Stadt gedruckt. Es führt Nummern und Einrichtungen auf, die bei medizinischen Notfällen wichtig sind. Es soll aufklären - gerade in Fällen von leichten Erkrankungen, in denen nicht der Rettungsdienst oder der Notarzt gefordert sind, sagt ein Sprecher. Denn viele Patienten suchten zu oft die Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses auf und müssten vielfach lange Wartezeiten in Kauf nehmen.
Oft reicht ein Besuch beim Hausarzt
Für die aktuelle Studie in Hamburg werteten die Mediziner Daten von 4.927 Patienten aus, die in einem Zeitraum von 16 Tagen behandelt wurden. Die Patienten kamen per Rettungswagen, durch Einweisung von niedergelassenen Ärzten oder auf eigene Faust.
Für sieben Prozent hätten eigentlich andere Mediziner wie Hausärzte oder Notdienste direkt zur Verfügung gestanden, sagt Michael Wünning, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Chefärzte interdisziplinärer Notaufnahmen Hamburg. Bei zehn Prozent hätten diese Ärzte in einer angemessenen Frist erreicht werden können.
Patienten schätzen Beschwerden falsch ein
"Wenn ich nachts um vier Uhr mit Husten aufwache, ist es in den meisten Fällen wahrscheinlich zumutbar, zu warten, bis ein niedergelassener Arzt geöffnet hat", erläutert Wünning, der auch DGINA-Tagungspräsident ist. Bei drei Prozent wurde die Schwere der Beschwerden von Patienten falsch eingeschätzt oder es habe sich um Bedarf an pflegerischen Maßnahmen gehandelt wie einen Wundverband.
Die Studie soll eine Bestandsaufnahme sein, um nicht nach einem Bauchgefühl planen zu müssen, Vergleichszahlen aus den Vorjahren gibt es nicht. Es solle nicht um Schuldzuweisungen gehen, sagt Wünning. "Es gibt Gründe, warum Patienten so handeln, sie haben offensichtlich Sorgen und einen nachvollziehbaren Leidensdruck. Selbstverständlich werden sie bei uns behandelt. Wir müssen uns jedoch mit unseren Strukturen auf sie einstellen." Eine Erklärung sei, dass Patienten oft die Dringlichkeit ihrer Behandlung nicht richtig einschätzen könnten.