Mundwasser-Wirkstoffe könnten gegen Krebs helfen
Wie Wissenschaftler in der Zeitschrift "Angewandte Chemie" berichten, verstärken Chlorhexidin und Alexidin den programmierten Zelltod und könnten bei Krebserkrankungen des Mund- und Rachenraums wirksam sein.
Das Team um Thorsten Berg sei überzeugt, heißt es, dass viele niedermolekulare Wirkstoffe, die bereits zugelassen sind, bis dato unbekannte Aktivitäten gegenüber Wechselwirkungen zwischen Proteinen zeigen, die therapeutisch interessant sein könnten.
Anhand einer für die menschliche Gesundheit relevanten Protein-Protein-Wechselwirkung wollten Wissenschaftler von der Universität Leipzig, dem Max-Planck-Institut für Biochemie, dem Center for Integrated Protein Science in München, dem Helmholtz-Zentrum München, der Technischen Universität München sowie der ETH Zürich dies beweisen: der Wechselwirkung zwischen zwei Proteinen, deren Interaktion die Apoptose, also den programmierten Zelltod, steuert.
Forscher führten Screening mit mehr als 4.000 Substanzen durch
Beide Proteine stammen aus derselben Proteinfamilie. Das Protein Bad löst den Zelltod aus. Das andere (Bcl-xL) ist sein Gegenspieler, es bindet an das apoptosefördernde Protein und hemmt es auf diese Weise.
Die Wissenschaftler führten ein Screening mit einer Sammlung von mehr als 4.000 Substanzen durch, einer sogenannten Substanzbibliothek. Ein Großteil der enthaltenen Verbindungen sind klinisch genutzte kleine Moleküle. Mit Bindungsversuchen wurde ermittelt, welche der Substanzen die Bindung der beiden Ziel-Proteine inhibiert. Um die Spezifität der „Treffer“ zu beurteilen, wurde zudem deren Wirkung auf andere Protein-Protein-Wechselwirkungen getestet, berichtet die Zeitschrift.
Die Vermutung: eine therapeutische Nutzung könnte möglich sein
Berg und seine Kollegen wurden fündig: Chlorhexidin, die aktive Komponente kommerzieller oraler Desinfektionsmittel, wie Chlorhexamed, Chlorhexal, Periogard, Corsodyl und Chlorohex, sowie Alexidin, die Wirkkomponente von Esemdent, hemmen die Bindung des Apoptose-Gegenspielers an den Apoptose-Auslöser. Chlorhexidin wirkt spezifisch, Alexidin zeigt weitere, aber sehr viel schwächere Wirkungen auf weitere Proteine.
Da die Apoptose in Tumorzellen verringert ist, sterben die Zellen nicht ab und wuchern immer weiter. Ein Grund sei, dass sie zu viel des apoptosehemmenden Proteins herstellen. In Versuchen an Zellkulturen verschiedener Zungen- und Rachenkarzinome lösten beide Wirkstoffe eine verstärkte Apoptose aus. Diese Wirkung ist deutlich stärker als bei gesunden Zellen. Eine therapeutische Nutzung könnte daher möglich sein, heißt es. Die Forscher hoffen, weitere Protein-Protein-Wechselwirkungen als Ziele für zugelassene niedermolekulare Wirkstoffe ausmachen zu können.