Neues Verfahren: Titanimplantate mit Keramikhülle
Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse wird erstmals versucht, die Vorteile von Titan und Keramik zu nutzen und in Form eines Keramik-ummantelten Zahnimplantats umzusetzen, das die biomechanischen und biokompatiblen Vorzüge vereint.
Unverträglichkeitsreaktionen bei Titanimplantaten
Titanimplantate sind nach wie vor der Goldstandard und haben sich seit Jahrzehnten bestens bewährt. Dennoch kommt es in seltenen Fällen zu Unverträglichkeitsreaktionen, die unter anderem durch Titankontamination im Gewebe verursacht sein können. Klinischen und experimentellen Studien zufolge kann diese mögliche Titanionenanreicherung im Gewebe bereits beim Einbringen der Implantate oder später während der Belastungsphase entstehen.
Leiden Patienten bereits an Periimplantitis, begünstigt das die Ionenfreisetzung. Studien lassen schlussfolgern, dass bereits bei physiologischem ph-Wert eine geringe Korrosion und damit Ionenabgabe des Titanmaterials vorliegt, die sich im sauren Milieu (wie er bei einer Periimplantitis vorliegt) erheblich verstärkt. Immunohistochemische Untersuchungen legen nah, dass Titanionen im Gewebe möglicherweise zu einer erhöhten Rate entzündlicher Prozesse führen könnten.
Keramik-Mantel schützt vor Korrosion
Ein neues Verfahren, das sogenannte Keramik-Coating erlaubt es, Titanimplantate mit einer hauchdünnen (2-5µm starken) Schicht aus Zirkonoxid oder Nioboxid zu versehen. Studienergebnisse von Prof. Dr. Hans-Joachim Nickenig aus Köln zeigen, dass durch Keramik-Coating von Titan ein verlässlicher Schutz hinsichtlich mechanischem Abrieb und Korrosion vorliegt.
Bei der Keramikummantelung handelt es sich um eine hochfeste Hoch-Vakuum-Beschichtung (PVD), bei der es zu einer Keramikionen-Implantation in die Titanoberfläche kommt und somit ein verschleißfester Korrosionsschutz gewährleistet ist.
Dieses Verfahren wird bereits seit vielen Jahren in anderen medizinischen Technologiebereichen (wie Hüft- oder Endoprothetik, Gefäßchirurgie, Wirbelsäulenimplantologie) mittels Cerid®erfolgreich angewandt.
Feste Verbindung mit hoher Biokompatibilität
Mittels eines anerkannten Testsystems konnte nachgewiesen werden, dass es zu einer direkten Verbindung zwischen Keramik-Coating-Material (Cerid®) und Gingivaepithelzellen kommt - einer Anheftung vergleichbar mit den Zellen beim natürlichen Zahn.
So können im Grunde genommen alle bewährten Titan-Implantatsysteme mit Keramik-Mantel versehen werden. Es bleibt die biomechanische Überlegenheit des Titanimplantates weiterhin erhalten, eine Verwendung von zweiteiligen Implantaten ist ohne Einschränkung durchaus möglich.
Es gelten dieselben Indikationsbereiche wie beim herkömmlichen Titanimplantat. Alles bleibt wie gehabt beim Goldstandard „Titanimplantat“, das lediglich durch eine hauchdünne Spezialbeschichtung „veredelt“ wird und damit eine Reihe von Vorteilen beider Materialien vereint.
Durch das nanoskalierte KeramikCoating in einer Schichtstärke von 2 bis 3µm ist es nun möglich, die Oberflächenmorphologie bewährter Titanoberflächen weitestgehend beizubehalten.
Fazit und Ausblick
Titan als Implantatmaterial gilt nach wie vor als der Goldstandard, Unverträglichkeitsreaktionen sind selten. Keramik-Coating erlaubt die Kombination biokompatibler Vorzüge der Keramik mit den biomechanischen Eigenschaften des Titans. Aufgrund der nachweislich geringeren Gewebereaktion erscheint dieses Verfahren insbesondere in Hinblick auf eine Verwendung im abwehrgeschwächten Organismus vielversprechend.
Als verschleißfester, biokompatibler Korrosionsschutz des Titans erscheint eine Relevanz im Rahmen der Prävention von Periimplantitis naheliegend. Aufgrund des hochfesten und lückenlosen Verbundes der Keramik ist der Einsatz von Alternativmaterialien zu Reintitan denkbar.
Auf dem 67. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) vom 21. bis 24. Juni in Köln/Bonn, wurde das sogenannte "Keramik-Coating" auf Titanimplantaten von Prof. Dr. Hans-Joachim Nickenig, Universitätszahnklinik Köln, erstmals vorgestellt.