Auswanderung oder Berufswechsel

No Future – Zahnärzte in Portugal

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PraxisStudium
Die Wirtschaft ist mau, der Arbeitsmarkt gesättigt – fast sechs Prozent der Zahnärzte haben 2020 deswegen Portugal verlassen: Die portugiesische Zahnärztekammer rät jungen Menschen nun explizit davon ab, diesen Beruf zu ergreifen.

Die portugiesische Zahnärztekammer (Ordem dos Médicos Dentistas, OMD) verzeichnet aktuell 11.640 zugelassene Zahnärzte und Zahnärztinnen. Das bedeutet, dass ein Zahnarzt auf 884 Einwohner kommt. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Zahnarzt pro 2.000 Einwohner.

In zehn Jahren stieg die Zahl der Zahnärzte um zwei Drittel

2010 waren in Portugal knapp 7.000 Zahnärzte zugelassen, das heißt, innerhalb von nur zehn Jahren stieg ihre Zahl um über 66 Prozent. Allein 2020 wuchs die Zahl der praktizierenden Zahnärzte um 3,8 Prozent oder 513, im Jahr davor traten 750 neue Mitglieder der Kammer bei. Dies sind Daten aus der neuen Studie "Números da Ordem 2020/2021", die von der OMD durchgeführt wurde und die wichtigsten Zahlen, Einschätzungen und Trends des Berufsstandes wiedergibt.

Auswanderung ist für jüngere die praktikabelste Option

Vor diesem Hintergrund weist OMD-Präsident Miguel Pavão darauf hin, dass es eine enorme Sättigung auf dem Arbeitsmarkt gibt: "Portugal hat nicht die Kapazität, um so vielen Zahnärzten einen anständigen Arbeitsplatz zu bieten. Leider ist die Auswanderung für jüngere Zahnärzte die praktikabelste Option. Es gibt so viele Zahnärzte hier, dass der einzige Ausweg die Auswanderung oder ein Berufswechsel ist - trotz der hohen Investitionen in die Ausbildung."

Es sei notwendig, die jüngeren Generationen und ihre Familien auf diese Realität aufmerksam zu machen. Zusätzlich zu dem Überangebot an Zahnärzten habe ein großer Teil der portugiesischen Bevölkerung aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Schwierigkeiten beim Zugang zur Mundgesundheitsversorgung. Das sogenannte Zahnarzt-Scheck-Programm oder das Pilotprojekt von Zahnärzten in Gesundheitszentren sprechen laut Pavão nur einen winzigen Teil der Bevölkerung an und lassen die große Mehrheit der Portugiesen außen vor.

Die meisten zieht es nach Frankreich und England

So wandern immer mehr portugiesische Zahnärzte aus: Die Zahl der Zahnärzte mit ruhender Kammerzulassung stieg im vergangenen Jahr um 95 (5,7 Prozent) auf 1.770. Insgesamt haben 12,5 Prozent der Zahnärzte ihre Zulassung ausgesetzt, die große Mehrheit, weil sie ausgewandert ist.

Das Durchschnittsalter der Zahnärzte mit ruhender Zulassung stieg auf 42, über die Hälfte sind allerdings unter 41 Jahre. Frankreich hat neuerdings das Vereinigte Königreich als wichtigstes Arbeitsziel für die portugiesischen Zahnärzte überholt.

Zahnmedizinische Versorgung in Portugal

Zahnmedizinische Versorgung in Portugal

Der Berufsstand besteht zu 61 Prozent aus Frauen, Tendenz steigend. Das Durchschnittsalter der Zahnärzte stieg leicht - auf 40 Jahre. Fast 90 Prozent der bei der OMD zugelassenen Zahnärzte sind Portugiesen, es folgen Brasilianer (583), Italiener (242) und Spanier (171).

In den sieben integrierten Masterstudiengängen der Zahnmedizin in Portugal sind 3.771 Studierende eingeschrieben, davon kommen 1.454 (39 Prozent) aus dem Ausland. Die Zahl der ausländischen Studierenden wächst stetig und hat sich seit 2015 mehr als verdreifacht. Franzosen sind die Mehrheit (733), gefolgt von Italienern (255) und Spaniern (188).

Die geografische Verteilung der Zahnärzte zeigt weiterhin große Unterschiede zwischen den Regionen. Am wenigsten aktive Zahnärzte pro Einwohner gibt es im Baixo Alentejo und Alentejo Litoral mit einem Verhältnis von über 2.000 Einwohnern pro Zahnarzt. Am anderen Ende der Skala stehen Regionen mit hoher Zahnarztdichte, wie die Área Metropolitana do Porto (615), gefolgt von den Regionen Viseu Dão-Lafões, Coimbra, Terras de Trás-os-Montes, Cávado und Área Metropolitana de Lisboa.

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