Noch einmal mit Gefühl
Mit ihrer Studie unter 100 Paaren stellte die Forschungsgruppe "Affekt im Lebensverlauf“ vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung eine gängige These der Emotionsforschung auf den Prüfstand. Untersucht wurde, wie zuverlässig jüngere und ältere Erwachsene die jeweilige Gefühlslage ihres Partners einschätzen können.
Man kennt sich
Ergebnis: Älteren Erwachsenen fällt es zwar in der Tat schwerer, aber nur in Situationen, in denen der Partner anwesend ist und sein emotionaler Ausdruck zur Einschätzung herangezogen werden kann, wie zum Beispiel die Haltung oder die Mimik. Ist er aber abwesend und beruht das Urteil ausschließlich darauf, den Partner gut zu kennen, schätzen Ältere die Gefühle ebenso treffsicher ein wie die jüngeren.
Das Ablesen der Emotionen aus der Mimik oder dem allgemeinen Verhalten ist also nicht die einzige Möglichkeit, zu erkennen, wie es dem Partner geht. "Um die Gefühle anderer zu beurteilen, verlassen sich Menschen nicht ausschließlich auf emotionale Gesichtsausdrücke“, sagt Studienleiterin Antje Rauers. Stattdessen nutzen sie für zusätzliche Informationen, wie situative Gegebenheiten oder das Wissen über die bestimmte Person.
Gefühle erkennt man nicht nur am Gesicht
"Frühere Studien legten den Schluss nahe, dass die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu erkennen, im Laufe des Erwachsenenalters abnimmt. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass das nur für ganz bestimmte Aspekte gilt, wie etwa für die Fähigkeit, anderen ihre Gefühle am Gesicht abzulesen“, kommentiert Rauers die Ergebnisse. „Wenn man eine Person gut kennt, dann braucht man sie noch nicht einmal anzusehen, um zu wissen, wie es ihr geht. Man weiß es aufgrund früherer Erfahrungen - und diese wichtige Fähigkeit bleibt im Alter stabil.“
Die Erfahrung macht treffsicher
An der Studie nahmen 100 Paare im Alter zwischen 20 und 30 Jahren sowie zwischen 69 und 80 Jahren teil. Zunächst bekamen die Studienteilnehmer im Labor Bilder vorgelegt. Sie sollten beurteilen, in welcher emotionalen Verfassung die abgebildeten Personen waren. Unter Laborbedingungen bestätigte sich die in der Emotionsforschung gängige Feststellung, dass ältere Menschen emotionale Gesichtsausdrücke weniger treffsicher interpretieren.
Erst im Alltagstest ergab sich dann ein differenzierteres Bild. Mithilfe von Smartphones übermittelten die Teilnehmer sechs Mal am Tag und über zwei Wochen hinweg ihre eigenen Gefühle, während sie gleichzeitig die des Partners einschätzten. Zusätzlich wurde abgefragt, ob der Partner gerade anwesend war oder nicht.