Obama will Kampf gegen Ungleichheit fortsetzen
Nach einer Serie parlamentarischer Niederlagen richtete Obama zugleich eine Kampfansage an die Blockadestrategie der Republikaner: Notfalls werde er auch am Kongress vorbeiregieren - mithilfe von Präsidentenverordnungen.
Ein Jahr des Handelns
"Lasst uns dieses Jahr zu einem Jahr des Handelns machen", appellierte Obama in einer leidenschaftlichen Rede vor dem Kongress. Republikaner melden bereits Proteste an - der Präsident überschreite seine Kompetenzen.
Soziale Themen wie die sich immer tiefer ausweitende Kluft zwischen Arm und Reich waren das zentrale Thema der gut einstündigen Rede. "Denen an der Spitze geht es besser als kaum je zuvor. Aber Durchschnittslöhne haben kaum angezogen. Ungleichheit hat zugenommen. Aufstiegschancen stagnieren", sagte Obama am Dienstagabend (Ortszeit).
Zu viele arbeitslose Amerikaner
"Die kalte, harte Tatsache ist, dass selbst inmitten der wirtschaftlichen Erholung zu viele Amerikaner nur dafür arbeiten, dass sie gerade über die Runden kommen", fügte er hinzu. Zu viele Amerikaner seien nach wie vor arbeitslos. Die "State of Union"- Rede - eine Art Regierungserklärung für das Jahr - stand bereits deutlich im Zeichen der Kongresswahlen im November. Für Obamas Demokraten besteht dann die Gefahr, auch ihre Mehrheit im Senat zu verlieren - der Gesetzgebungsapparat wäre dann ganz in den Händen der Republikaner.
Eine Lohnerhöhung fürAmerika
Unter rauschendem Beifall der Demokraten forderte Obama eine allgemeine Erhöhung der Mindestlöhne um über ein Drittel - von derzeit 7,25 auf 10,10 Dollar (7,40 Euro). Davon wären nach Angaben von Experten 17 Millionen Amerikaner direkt betroffen. Eindringlich rief er den Kongress auf, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen. "Sagen Sie ja. Geben Sie Amerika eine Lohnerhöhung", rief er die Senatoren und Abgeordneten auf.
Als einen ersten Schritt verkündete der Präsident eine Anhebung der Mindestlöhne bei Neuanstellungen in Unternehmen, die für die Regierung arbeiten. Dies werde kraft Anordnung des Präsidenten durchgesetzt. Dies gelte nach Schätzungen von Fachleuten aber lediglich für gut eine halbe Million Amerikaner.
Ein Weg in die Legalität
Zugleich betonte Obama seinen Willen, trotz Widerstand Reformen in der Ausländerpolitik durchzusetzen. "Lass uns die Einwanderungsreform dieses Jahr schaffen", appellierte er. Im Kern geht es darum, fast zwölf Millionen illegalen Arbeitern, die zumeist seit Jahren im Land leben, einen Weg in die Legalität zu ebnen. Doch auch hier muss der Kongress zustimmen.
Außenpolitik spielte dagegen eher eine Nebenrolle. Auch den Überwachungsskandal des Geheimdienstes NSA erwähnte er nur im Vorbeigehen und verwies darauf, dass er eine Reform abgeordnet habe. Zu den Atom-Gesprächen mit dem Iran meinte Obama: "Die Verhandlungen werden schwierig sein. Sie könnten scheitern."
Dauerthema Guantanamo
Erneut machte Obama klar, dass er an seinem Ziel festhalte, das Gefangenlager Guantanamo auf Kuba schließen zu wollen - dies ist allerdings Dauerthema seit Obamas Amtsantritt vor fünf Jahren. Er forderte den Kongress auf, den Weg freizumachen, Häftlinge in andere Länder zu transferieren - derzeit sitzen noch etwa 160 mutmaßliche Terroristen in dem weltweit kritisierten Lager ein.
Die Republikaner protestierten schon im Vorfeld der Rede gegen die neue Strategie. Der Präsident überschreite damit seine Befugnisse und missachte die Verfassung. In einer Gegenrede kritisierte die Abgeordnete Cathy McMorris Rodgers, Obama habe zwar "Versprechen gemacht, die gut klingen". "Doch viele Menschen fühlen sich zurückgelassen." Erneut kritisierte sie die Gesundheitsreform des Präsidenten.
Mit dem Rücken zur Wand
Obama steht mit dem Rücken zur Wand: Trotz der sich langsam erholenden Wirtschaft steckt er seit Monaten im Umfragetief. 2013 musste er schwere Schlappen im Kongress hinnehmen: Vor allem Republikaner blockierten eine Verschärfung der Waffengesetze sowie eine Reform der Einwanderungsgesetze.