Österreich muss Zahnmedizin-Quote abschaffen
Die EU-Kommission hat ihr Moratorium gegen die Quotenregelung beim österreichischen Medizinstudium aufgehoben. Damit können weiterhin 75 Prozent der Studienplätze in Medizin für Studenten mit österreichischer Matura vergeben werden. Für Zahnmedizin muss das Land die Quote jedoch abschaffen.
Vergangenen Mittwoch beschloss die Kommission, das zehnjährige Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich im Zusammenhang mit den Zugangsbeschränkungen zum Medizin- und Zahnmedizinstudium für Studierende aus anderen EU-Staaten einzustellen.
Mediziner-Quote ist berechtigt, in der Zahnmedizin besteht kein Mangel an Zahnärzten
Auf Basis von Daten der österreichischen Behörden teilte die Kommission mit, "dass das für das Medizinstudium geltende Quotensystem berechtigt und angemessen ist, um das öffentliche Gesundheitssystem in Österreich zu schützen, und daher beibehalten werden darf". Sie fordert Österreich jedoch auf, die Situation weiterhin genau zu beobachten und alle fünf Jahre einen Bericht abzuliefern.
Die Beschränkungen für das Zahnmedizinstudium seien dagegen "nicht gerechtfertigt, da kein Mangel an Zahnärzten prognostiziert ist".
Die Beschränkungen müssen zum Studienjahr 2019/20 aufgehoben werden
Vorgabe für die Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens ist, dass die Beschränkungen rechtzeitig zum Studienjahr 2019/20 aufgehoben werden. Die Kommission behält sich außerdem das Recht vor, das Vertragsverletzungsverfahren weiterzuverfolgen, sollten die Beschränkungen nicht zu diesem Datum beseitigt worden sein.
Die Quoten wurden 2006 für die Studien Human- und Zahnmedizin mit 75 Prozent der Plätze für Österreicher, 20 Prozent für EU Bürger und 5 Prozent für Bewerber aus Drittstaaten eingeführt eingeführt. Zuvor hatte der Europäischen Gerichtshof die Zugangsregelung aufgehoben, wonach man in Österreich nur studieren durfte, wenn man eine heimatliche Studienberechtigung vorweisen konnte. Zahlreiche deutsche "NC-Flüchtlinge" kamen daraufhin nach Österreich.
Ziel der Quote: sicherstellen, dass genug Ärzte im Land bleiben
Ziel der Quote war, sicherzustellen, dass genügend ausgebildete Ärzte im Land verbleiben. Herausgestellt hatte sich nämlich, dass viele - vor allem deutsche - Studierende zur Ausbildung an österreichische Universitäten kamen, um nach ihrem Studienabschluss das Land wieder zu verlassen und damit nicht für die medizinische Versorgung der österreichischen Bevölkerung zur Verfügung zu stehen.
Mit dem EU-Moratorium musste Österreich bis Ende 2016 nachweisen, dass ohne Quote die medizinische Versorgung des Landes nicht gesichert ist - etwa weil Studenten aus Deutschland (sie stellen die große Mehrheit der Studenten aus EU-Ländern) nach ihrem Studienabschluss Österreich wieder verlassen und dem heimischen Gesundheitssystem damit nicht zur Verfügung stehen.
77 Prozent der ausländischen Medizinstudenten gehen nach dem Abschluss in ihre Heimat zurück
Anfang Oktober schickte Österreich einen rund 180 Seiten starken Bericht nach Brüssel, der diese drohende Entwicklung untermauern sollte. Demnach hätte laut Wissenschaftsministerium ohne Quotenregelung der Anteil deutscher Studienanfänger im Jahr 2012 bei rund 50 Prozent gelegen, von denen ungefähr 77 Prozent nach Abschluss des Studiums wieder in ihre Heimat zurückgekehrt wären. Somit wären rund 700 Absolventen weniger in Österreich geblieben und in der Folge hätten bis 2030 etwa 3.500 Ärztestellen im Gesundheitssystem gefehlt.
Zahlen von Statistik Austria hatten sogar bestätigt, dass 84 Prozent der Deutschen, die in Österreich Medizin studiert haben, in den ersten drei Jahren nach dem Abschluss das Land verlassen. Auch der Großteil der Medizinabsolventen aus anderen EU-Ländern (69 Prozent) und aus Drittstaaten (60 Prozent) geht demnach innerhalb von drei Jahren nach Abschluss zurück ins Heimatland.
Nur 144 Studienplätze sind für Zahnmedizin reserviert
Derzeit entfällt der überwiegende Teil der 1.620 Medizinstudienplätze auf die Humanmedizin - nur 144 sind für Zahnmedizin reserviert. An der Uni Wien sind das 80 der 740 Studienplätze, in Graz 24 von 360 und in Innsbruck 40 von 400. In Linz (derzeit 120 Studienplätze) kann nur Humanmedizin studiert werden.
Um den Standort Österreich für Ärzte attraktiver zu gestalten, hat das Wissenschaftsministerium in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, so sollen mit der Gründung der Medizinischen Fakultät Linz bis zum Jahr 2022 insgesamt 300 weitere Anfängerplätze geschaffen werden. Zudem wurde das Studium reformiert, wodurch Studierende mehr Praxiserfahrung im Rahmen des klinisch-praktischen Jahrs erhalten. Im Zuge der Umsetzung des Ärztearbeitszeitgesetzes wurden die Gehälter der österreichischen Spitalsärzte um bis zu 30 Prozent angehoben und damit wurde ein vergleichbares Gehaltsniveau zu Deutschland erreicht.