Längsschnitt-Kohortenstudie aus Schweden

Orale mikrobielle Signaturen bestimmen Kariesrisiko von Kids

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Zahnmedizin
Bei zwei- bis dreijährigen Kindern wirken sich bestimmte Bakterienstämme im oralen Mikrobiom positiv beziehungsweise negativ auf die Entwicklung frühkindlicher Karies aus.

Ziel der Studie war, Veränderungen der oralen Bakteriengemeinschaften bei Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren aufzuzeigen und Einflüsse wie die Art der Geburt und die Säuglingsernährung im Zusammenhang mit frühkindlicher Karies zu erforschen. Untersucht wurden 260 schwedische Kinder (134 Mädchen, 126 Jungen), von denen die vollständigen medizinischen und zahnmedizinischen Daten sowie Speichelproben im Alter von zwei, drei und fünf Jahren vorlagen.

So verändert ECC das orale Mikrobiom

Das orale Mikrobiom umfasst mehr als 700 Bakterienarten, die an die verschiedenen ökologischen Nischen in der Mundhöhle angepasst sind. Die Zusammensetzung ist heterogen und verschiebt sich im Lauf der Zeit. So sind Streptococcus- und Veillonella-Arten die ersten, die nach der Geburt die Mundhöhle besiedeln, andere Gattungen wie Neisseria kommen etwa ein Jahr später hinzu.

Äußere Umstände wie die Art der Entbindung, Stillen und Medikamente (Antibiotika) können die Besiedlung und die relative Häufigkeit bestimmter Arten beeinflussen. Ist das Mikrobiom etabliert, bleibt die Zusammensetzung der oralen Bakteriengemeinschaften langfristig relativ stabil. Störungen des Mikrobioms können jedoch eine Dysbiose nach sich ziehen und Munderkrankungen wie Zahnkaries begünstigen. So gibt es bei frühkindlicher Karies Unterschiede in der Zusammensetzung der oralen Bakteriengemeinschaften zwischen kariesaktiven und kariesfreien Kindern, und es treten vermehrt säureproduzierende und säuretolerante Arten wie S. mutans und Actinomyces/ Bifidobacterium-Arten in Biofilmen kariöser Läsionen auf. Gattungen wie Atopobium, Megasphaera und Veillonella sind bei Vorschulkindern vor der Entwicklung von Zahnkaries vermehrt zu beobachten.

Die orale Bakterienzusammensetzung im Speichel wurde mithilfe von 16S rRNA-Genprofilen analysiert. Die Art der Geburt und deren Begleitumstände wurden aus elektronischen Patientenakten ermittelt, Ernährungsgewohnheiten und familiäre Faktoren anhand von Fragebögen und persönlichen Gesprächen.

Wie verändert sich das orale Mikrobiom in der frühen Kindheit?

Insgesamt dominierten die Gattungen Streptococcus, Haemophilus, Neisseria, Gemella und Porphyromonas das Mikrobiom, wobei die Forschenden Verschiebungen je nach Alter beobachteten. Im Alter von fünf Jahren nahmen bei den Kindern dann sowohl die Diversität als auch das Artenreichtum im Vergleich zu den beiden früheren Messpunkten ab: Sie hatten also ein weniger vielfältig zusammengesetztes orales Mikrobiom als noch mit zwei und drei Jahren, das durch vier Gattungen gekennzeichnet war: Haemophilus, Bergeyella, Gemella und Streptococcus.

Die Wissenschaftler erkannten sieben Muster, die zu allen Zeitpunkten von 17 Bakterienarten dominiert wurden, welche knapp 97 Prozent der Oralflora ausmachten. Diese Muster zeigten einen zeitlichen Verlauf, denn bestimmte Bakteriengruppen waren mit zwei, drei und fünf Jahren häufiger anzutreffen.

Dabei war das orale Mikrobiom bei Mädchen weniger divers und die Bakteriengattung Neisseria weniger vertreten. Unter den pränatalen Faktoren waren Erstgeburt, Blasensprung vor der Geburt, Entbindung per Kaiserschnitt und eine Antibiotika-Behandlung der Mutter während der Geburt mit der Häufigkeit und Diversität der Bakterien im Speichel im späteren Leben der Kinder assoziiert. Auch Stillgewohnheiten, Flaschennahrung und die Häufigkeit des Zähneputzens waren mit dem Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Muster-definierender Speichelbakterien verbunden.

Von den 260 Kindern hatten zwei im Alter von zwei Jahren Karies entwickelt, elf im Alter von drei Jahren und 52 im Alter von fünf Jahren. Zweimal tägliches Zähneputzen senkte das Risiko für frühkindliche Karies bis zum Alter von fünf Jahren um 70 Prozent. Ein erhöhtes Kariesrisiko hatten Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden. Andere prä- oder postnatalen Faktoren zeigten keine Zusammenhänge mit der Kariesentwicklung bis zum Alter von fünf Jahren.

Zweimal tägliches Zähneputzen senkte das ECC-Risiko um 70 Prozent.

Mit einem erhöhten Kariesrisiko bis zum Alter von fünf Jahren waren besonders Leptotrichia-Bakterien aus einem der Muster verbunden. Dieser Zusammenhang blieb auch unter Berücksichtigung der Zahnputz-Häufigkeit und von Kaiserschnittgeburten signifikant. Mitglieder der Familien Prevotellaceae, Porphyromonadaceae, Megasphera und Centipeda waren ebenfalls mit der Kariesentwicklung assoziiert, während Peptococcus-Bakterien durchgängig mit einem verringerten Risiko einhergingen. Unter Berücksichtigung der Häufigkeit des Zähneputzens war nur das erhöhte Kariesrisiko bei Prevotellaceae weiterhin signifikant.

Weitere Analysen ergaben, dass 49 Prozent (P = 0,006) des Effekts des Zähneputzens im Alter von zwei Jahren auf das Kariesrisiko im Alter von fünf Jahren durch eine Senkung des bakteriellen Karieswerts vermittelt wurden. Dies bedeutet, dass Zähneputzen die orale Bakteriengemeinschaft weniger kariogen macht und dadurch das Kariesrisiko senkt.

Zusammenfassend zeigt die Längsschnittstudie zur Entwicklung der oralen Bakteriengemeinschaft im Speichel im Vorschulalter, dass unterschiedliche Bakteriengemeinschaften im Alter von zwei und drei Jahren mit einem erhöhten Kariesrisiko im Alter von fünf Jahren in Zusammenhang stehen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine frühe Analyse der oralen Bakteriengemeinschaft zur Vorhersage künftiger Karies in der Kindheit beitragen kann. Um diese Annahme zu untermauern, sind jedoch eindeutig weitere Studien erforderlich“, resümieren die Forschenden.

Eriksen, C., Boustedt, K., Sonne, S.B. et al. Early life factors and oral microbial signatures define the risk of caries in a Swedish cohort of preschool children. Sci Rep 14, 8463 (2024). doi.org/10.1038/s41598-024-59126-z

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