Patientensicherheit vor Industrieinteressen
"Patientensicherheit muss vor Industrieinteressen stehen. Deutsche Patienten dürfen nicht länger als Versuchskaninchen der Medizinprodukteindustrie herhalten", erklärte die Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vedek), Ulrike Elsner, im Vorfeld der 1. Lesung des Europäischen Parlaments zur Medizinprodukteverordnung am 23. Oktober. Elsner appellierte an die Bundesregierung, sich innerhalb des Europäischen Rates für eine zentrale Zulassungsstelle einzusetzen.
Die Industrie macht sich die Zersplitterung zunutze
Während eine zentrale Zulassung in den USA als bewährtes Standardverfahren etabliert ist, nutzt die Medizinprodukte-Industrie das zersplitterte europäische System, um neue Produkte auf den Markt zu bringen, für die sie unter den strengen amerikanischen Regeln keine Zulassung bekommen hätte.
"Um europäische Patienten genauso wirksam gegen gefährliche Medizinprodukte zu schützen wie amerikanische, benötigen wir dringend eine zentrale Zulassungsstelle für Hochrisikomedizinprodukte in Europa", erklärte Elsner.
EU gegen zentrale Zulassungsstelle
Anstatt jedoch eine zentrale Zulassungsstelle zu etablieren, will das Europäische Parlament das dezentrale System beibehalten. Zwar sollen für die künftige Zulassung von Hochrisikomedizinprodukten europaweit "besondere benannten Stellen" eingerichtet werden. Aus Sicht der Ersatzkassen reicht das jedoch nicht aus, um einen einheitlichen europäischen Patientenschutz zu garantieren.
Ersatzkassen fordern rechtsverbindliche Begleitstudien
Die Ersatzkassen fordern zudem, dass zu jedem neu zugelassenen Hochrisiko-Medizinprodukt rechtsverbindliche Begleitstudien durchgeführt werden, deren Ergebnisse im Rahmen eines Registers gespeichert werden. Auf deren Grundlage sollte dann eine Evaluierung des Medizinproduktes erfolgen. Als gutes Beispiel hierfür könne das Endoprothesenregister dienen, das vor zwei Jahren durch die Ersatzkassen mit initiiert wurde und seitdem von ihnen finanziert wird.
Verschärfte Regeln nur für Hochrisiko-Produkte
"Durch die Ergebnisse des Endoprothesenregisters können künftig Leid und Schmerzen bei Patienten durch Wechseloperationen an Hüfte oder Knie erspart werden. Dies hilft den Patienten und reduziert zudem auch die Kosten im Gesundheitswesen. Das Gleiche fordern wir für Hochrisiko-Medizinprodukte", ergänzte Elsner.
Sie führte aus, dass Hochrisiko-Medizinprodukte wie Brust- und Hüftimplantate oder Herzklappen und Stents nur zwei Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes von Medizinprodukten ausmachen - nur für diese sollen die verschärften Regelungen gelten. Pflaster, Hörhilfen oder andere unkritische Medizinprodukte wären nicht betroffen.