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Planung & Strategie: Zahnärzte bei der Bundeswehr

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Gesellschaft
Überschwemmte Straßen, Verletzte, Sanitäter im Dauereinsatz - und Zahnärzte. Nun, was haben Zahnärzte mitten in einem Katastrophengebiet in Deutschland verloren, fragen Sie sich vielleicht? Generalarzt Dr. Andreas Hölscher erläutert im Interview warum gerade diese Berufsgruppe in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit ein wichtiger Partner sein kann.

Grundsätzlich obliegt der Bevölkerungsschutz den zivilen Akteuren - sprich Polizei, THW, Feuerwehr und Rettungsdienst. Wenn es jedoch bei uns zu Katastrophen kommt, die deren Kapazitäten übersteigen, kann die Bundeswehr die zivilen Behörden in der Bewältigung der Schadenslage unterstützen. Im Rahmen dieser "Zivil-Militärischen Zusammenarbeit" stützt sich die Bundeswehr auf ein Netzwerk aus Reservisten - darunter vielfach Zahnärzte. Warum ausgerechnet diese Berufsgruppe ein wertvoller Partner in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit ist, erläutert Generalarzt Dr. Andreas Hölscher, Stellvertretender Kommandeur Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung, Beauftragter des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr für Zivil-Militärische Zusammenarbeit und Inspizient für Reservistenangelegenheiten im Sanitätsdienst der Bundeswehr im Interview.

zm-online: Die Zivil-Militärische Zusammenarbeit begann 1962, als ein Orkantief in Hamburg und Niedersachsen zu einer verheerenden Sturmflut führte. Seitdem unterstützen Sie - auf Anfrage - die zivilen Behörden im Katastrophenfall. Welche Aufgaben übernehmen Sie dabei ganz konkret?

GA Dr. Andreas Hölscher:Auf der einen Seite umfasst die Zivil-Militärische Zusammenarbeit natürlich die konkrete und somit sichtbare Hilfeleistung vor Ort, auf der anderen Seite ist im Hintergrund eine Menge Organisations- und Abstimmungsarbeit erforderlich, damit alle Zahnräder ineinandergreifen.

Schon die Anzahl der verschiedenen Akteure - Polizei, THW, Feuerwehren und Rettungsdienste - lässt erahnen, wie vielfältig die Herausforderungen und Aufgaben geartet sein können, um das Ziel eines effektiven Bevölkerungsschutzes zu erreichen. Gleichzeitig wird jedoch auch deutlich, wie unterschiedlich geartet die beteiligten Organisationen in ihren Strukturen, Verfahrensweisen und ihrer Ausrüstung zwangsläufig sind. Diese Unterschiede zu kennen und daraus möglicherweise resultierende Friktionen zu minimieren stellt eine Kernaufgabe der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit dar.

Diese Aufgaben scheinen nicht unbedingt in das Aufgabengebiet des Zahnmediziners zu fallen. Wo sehen Sie dennoch eine Schnittmenge?

Die Sanitätsoffiziere der Bundeswehr erfüllen in ihrem Dienst immer eine Doppelfunktion: Zum einen sind sie Ärzte, Zahnärzte, Apotheker oder Veterinäre, die fachspezifisch tätig sind, gleichzeitig sind sie als Offiziere jedoch auch mit Führungs- und Organisationsaufgaben betraut. Hierbei variiert der Schwerpunkt je nach aktueller Aufgabe.

Überträgt man dieses Berufsbild auf den niedergelassenen Zahnarzt, so sind zahlreiche Gemeinsamkeiten zu entdecken: Der Zahnarzt ist unmittelbar kurativ am Patienten tätig und dabei gezwungen, situationsbezogen flexibel zu agieren. Prothetische Versorgungen werden vom Zahnarzt im Sinne einer langfristigen Nachhaltigkeit geplant, als Arbeitgeber und Unternehmer führt er seine Mitarbeiter und muss durch strategische Planung den wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens sicherstellen. Der Umgang mit Mitarbeitern und Patienten erfordert die Fähigkeit, konstruktiv und zielgerichtet zu kommunizieren.

Diese Fähigkeiten sind natürlich wertvoll, wenn es darum geht, die zivile Seite im Hinblick auf eine Hilfeleistung durch die Bundeswehr im Katastrophenfall zu beraten und als Vermittler zwischen Bundeswehr und zivilen Behörden tätig zu sein. Der Zahnarzt ist hier nicht in seiner ureigenen Funktion als Behandler, sondern als Organisator, Berater und Vermittler gefragt.

###more### ###title### Zwischen Praxisalltag und Katastrophenübung ###title### ###more###

Zwischen Praxisalltag und Katastrophenübung

Die Reservisten engagieren sich ehrenamtlich neben ihrem Zivilberuf in der zivil-militärischen Zusammenarbeit. Nun ist der Arbeitsalltag eines Niedergelassenen meist schon voll genug. Wie kann die Bundeswehr dennoch eine Vereinbarkeit zwischen Zivilberuf und sozialem Engagement gewähren? Wie viel Zeit sollte der Zahnarzt für seinen Job als Reservist einplanen?

Erfreulicherweise ist der notwendige Aufwand überschaubar und um die Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu minimieren, versucht die Bundeswehr Aus- und Weiterbildungen in die Zeit von Freitag- bis Sonntagnachmittag zu legen. Die Basisausbildung für Zivil-Militärische Zusammenarbeit erfordert allerdings die Anwesenheit an Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr oder der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Diese Lehrgänge sind jedoch alle als einwöchige Blöcke konzipiert und können über den Zeitraum von drei Jahren absolviert werden, so dass eine flexible Planung möglich ist. Nach Abschluss der Ausbildung reduziert sich der Zeitaufwand auf regelmäßige Übungen und die Kontaktpflege zu den zivilen Partnern.

Hier kommt es auch ganz auf das persönliche Engagement an. So haben wir Reservisten, die sehr aktiv sind und aus eigenem Antrieb viel Zeit einbringen, während andere aufgrund ihrer beruflichen und persönlichen Verpflichtungen nur zwei bis drei Tage pro Jahr erübrigen können. Glücklicherweise sind wir hier in der Lage, sehr flexibel vorzugehen, sobald die Ausbildung durchlaufen ist. 

Welche Ausbildung muss der Zahnarzt durchlaufen, um Reservist zu werden?

Grundvoraussetzung, um als Reservist in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit aktiv zu sein, ist zunächst die gesundheitliche Eignung und die Bereitschaft, in Uniform Dienst zu tun. Je nach Verwendung ist jedoch auch ein medizinischer Fachberuf erforderlich, wie er in der Soldatenlaufbahnverordnung vorgeschrieben ist. Für die Sanitätsoffiziere bedeutet dies, dass eine in Deutschland gültige Approbation in einem Heilberuf vorliegt. Für die Sanitätsfeldwebel ist die Bandbreite deutlich größer, denn hier sind sowohl Krankenpfleger, Rettungsassistenten, aber auch viele medizinische Assistenzberufe vertreten.

Gleichzeitig muss man im Vorfeld prüfen, welche militärische Vorbildung vorhanden ist, denn der Ausbildungsaufwand ist natürlich höher, wenn zuvor noch kein Dienst geleistet wurde und alles neu ist. Die Frage nach dem individuellen Ausbildungsumfang kann daher nur im Einzelfall geprüft und beantwortet werden. Für die Fachausbildung im Bereich Zivil-Militärische Zusammenarbeit sind verschiedene Lehrgänge zu absolvieren.

Diese umfassen sowohl sanitätsdienstliche Themen, als auch eine allgemeine Stabsdienstausbildung. Ein Teil der Ausbildung erfolgt auch an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz, zusammen mit den Mitarbeitern ziviler Katastrophenschutzstäbe. Von Beginn bis zum Abschluss der Ausbildung sind bis zu drei Jahre vorgesehen, so dass die Lehrgänge flexibel absolviert und mit dem Zivilberuf vereinbart werden können. Ist es der Wunsch des Reservisten und es sind ausreichend freie Lehrgangsplätze verfügbar, so ist es auch möglich, die Ausbildung binnen eines Jahres abzuschließen.

###more### ###title### Kameradschaft, Herausforderung und Engagement ###title### ###more###

Kameradschaft, Herausforderung und Engagement

Welche Vorteile ergeben sich für den Zahnarzt, wenn er als Reservist im Sanitätsdienst arbeitet?

Für mich als Berufssoldaten ist es natürlich nicht ganz einfach, diese Frage zu beantworten, weil ich einen anderen Blickwinkel habe. Ich denke allerdings, dass ich Ihnen einen Einblick geben kann, wenn ich erzähle was unsere Reservisten im persönlichen Gespräch über ihre Gründe, sich als Reservisten zu engagieren, sagen.

Ein wichtiger Punkt ist sicherlich die Abwechslung zum alltäglichen Beruf, denn das militärische Umfeld, die Kameradschaft und die Herausforderungen jenseits des Behandelns bieten sich außerhalb der Bundeswehr nur selten. Viele Reservisten genießen es, während ihres Dienstes etwas völlig anderes als im Zivilleben zu tun. Versucht man zum Beispiel einen Reservisten als Vertretung des Truppenzahnarztes zu gewinnen, hört man von den Betreffenden oft, dass sie tagtäglich als Zahnarzt arbeiten können und daher eigentlich nicht das Gleiche bei der Bundeswehr wie im Zivilleben machen wollen.

Ein weiterer Attraktivitätsfaktor ist sicherlich die Möglichkeit, einen umfassenden Einblick in den Bevölkerungsschutz seines Landkreises zu bekommen und sich einzubringen. Dies ist eine klassische Win-Win-Situation, denn die Bundeswehr profitiert natürlich davon, dass die Kolleginnen und Kollegen im Regelfall fest in das soziale Netzwerk ihres Umfelds eingebunden sind, und so als Mittler zur Bundeswehr dienen. Auf der anderen Seite ermöglicht das ZMZ-Netzwerk den Kolleginnen und Kollegen einen bundesweiten fachlichen Austausch mit Ärzten, Zahnärzten, Veterinären und Apothekern aller Fachschwerpunkte, auch über den eigentlichen Dienst hinaus.

Im Rahmen der Fort- und Weiterbildung kommen natürlich auch fachliche Aspekte nicht zu kurz und die Weiterbildungen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit werden regelmäßig durch medizinische Fachvorträge hochkarätiger Referenten aus Forschung und Lehre ergänzt. Diese Vorträge werden auch regelmäßig durch die Kammern zertifiziert und gehen so in die geforderte fachliche Fortbildung der Kammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen mit ein.

Das Interview führte im Auftrag der zmOberfeldarzt René SellmannKommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung

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