Einen zahnärztlichen Behandlungsfehler muss der Patient beweisen
Dabei sah es für die Zahnärztin zunächst gar nicht so gut aus: Sie hatte bei dem Patienten eine Brücke 35–37 eingegliedert. Der Patient klagte danach monatelang über Beschwerden. Er behauptete, dass die Okklusion nicht stimme und er deshalb sieben Monate lang Schmerzmittel habe einnehmen müssen und dadurch Magenschmerzen bekommen habe. Außerdem habe der Zahn 35 aufgrund falscher Behandlung eine Pulpitis entwickelt.
Die Zahnärztin schlug eine Schienentherapie vor, die der Patient aber ablehnte, und verschrieb ihm eine Physiotherapie. Ein Nachbehandler notierte in seinen Behandlungsunterlagen: „VK eingeschliffen, jetzt bds. gleichmäßig, soll mind. 1 Wo warten, sollte fertig sein, sonst ad Vorbehandler zur Revision der Brücke.“ Zwei Wochen später notierte er „keine Besserung“.
Das Kassengutachten rügte die Okklussion
Ein sogenanntes Kassengutachten kam zu einem für die Zahnärztin ungünstigen Ergebnis: „Die ausgeführten prothetischen Leistungen sind nicht frei von Fehlern und Mängeln.“ Der Zahnersatz sei als funktionsuntüchtig einzustufen. Wörtlich schrieb der Gutachter: „Meines Erachtens ist die Okklusion auf der Brücke noch zu stark und sollte noch mehr entlastet werden.“
Dennoch wies das angerufene Landgericht Köln (LG) die Klage ab, das OLG wies die Berufung des Patienten zurück. Beide Gerichte stellten entscheidend darauf ab, dass der Patient einen Behandlungsfehler nicht bewiesen habe.
Die Gerichte stützten sich dabei auf das Gutachten des vom Gericht bestellten Gutachters, der „keine Feststellungen dazu treffen konnte, ob die dem Kläger seinerzeit eingegliederte Brücke zu hoch gewesen sei“. Die Feststellungen im Kassengutachten seien nur unkonkret und sehr vage. Außerdem habe ein Nachbehandler notiert, nach dem durch ihn erfolgten Einschleifen habe gleichmäßiger Kontakt bestanden. Das OLG wies darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung zahlreicher Oberlandesgerichte (OLG Celle am 23. Januar 2017, Az.: 1 U 65/15; OLG Dresden am 9. Mai 2022, Az.: 4 U 2562/21; OLG Karlsruhe am 31. Juli 2019, Az.: 7 U 118/18) dem Zahnarzt eine Nachbesserung von Zahnersatz zu ermöglichen sei. Ein Einschleifen von neuem Zahnersatz sei üblich und lasse nicht den Schluss auf einen Behandlungsfehler zu.
Der Patient verlangte, dass seine Nachbehandler vernommen werden, damit diese eine Fehlerhaftigkeit der Brücke bestätigen können. Diese Forderung wiesen das LG und das OLG jedoch zurück: Grundsätzlich seien medizinisch-sachverständige Bewertungen dem gerichtlichen Gutachter vorbehalten. Nachbehandler würden nur dann vernommen, wenn deren Behandlungsaufzeichnungen unzureichend sind. Dies war jedoch nicht der Fall.
Das Gerichtsgutachten sah keinen Mangel
Die zitierte Eintragung eines Nachbehandlers „keine Besserung“ half dem Patienten nicht: Sie basierte nach dem eindeutigen Inhalt der Karteikarte nicht auf einer körperlichen Untersuchung, sondern auf einer bloßen mündlichen Mitteilung des Patienten. Im Übrigen sei nicht zu erwarten, dass sich der Nachbehandler nach fünf Jahren noch an den genauen Zustand des Zahnersatzes erinnern kann.
Auch wenn ein Patient monatelange Schmerzen behauptet und ein „Kassengutachten“ dem Zahnarzt erhebliche Vorwürfe macht, lohnt es sich also zu kämpfen. Die beiden stärksten Argumente des Zahnarztes sind dabei:
Der Patient muss einen Behandlungsfehler beweisen. Ist dies nicht aufklärbar, geht das zulasten des Patienten.
Der Zahnarzt hat ein Nachbesserungsrecht, das heißt, neuer Zahnersatz muss nicht sofort genau passen. Zwar kann kein Patient zu einer weiteren Behandlung gezwungen werden. Verweigert er jedoch eine Nachbesserung, kann er eventuell bestehende Fehler dem Zahnarzt nicht vorwerfen.
Oberlandesgericht Köln
Az.: 5 U 129/24
Beschluss vom 13. Mai 2025