Prävention: die Verhältnisse ändern

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Gesellschaft
Neues Gesetz und alles gut? Nein. Auf dem Kongress "Zukunft Prävention 2014" in Berlin waren sich die 300 Teilnehmer einig, dass der Referentenentwurf zum Präventionsgesetz zwar ein erster wichtiger Schritt Richtung einer besseren Gesundheitsförderung ist, der Gesetzgeber aber noch nachbessern muss. Ein strittiger Punkt: Wer soll zahlen?

"Das von der Bundesregierung vorgelegte Präventionsgesetz enthält viele gute Ansätze, um Gesundheitsförderung und Prävention besser in der Gesellschaft zu verankern", sagte Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, Vorstandsvize der Barmer GEK, "allerdings verpflichtet es nur die Kranken- und Pflegekassen, dies zu finanzieren. Hier muss der Gesetzgeber nachbessern."

Die Kita muss sich ändern

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen ausschließlich die Kassen Präventionsleistungen finanzieren. Die seien damit aber schlichtweg überfordert, erläuterte Gesundheitssoziologe Prof. Thomas Gerlinger von der Universität Bielefeld den rund 300 Kongressteilnehmern. Der Grund: die Kranken- und Pflegekassen könnten keine sogenannten Lebenswelten, wie Kita, Schule und Betrieb, gestalten. "Es bringt nichts, den Kindern in der Kita zu sagen, was sie essen sollen. Die Kita muss sich ändern" sagte Marion Caspers-Merk, Präsidentin des Kneipp-Bundes e.V. Die Verhältnisse statt das Verhalten müssen sich ändern.

Solle hier ein präventiver Ansatz fruchtbar werden, werde es also entscheidend darauf ankommen, wer an der Durchführung beteiligt ist, sagte Peter Zimmermann, Vorstandsmitglied des Dachverbands Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD). Doch genau dies sei bislang völlig unklar.

Wie soll eine Bundesbehörde das schaffen?

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) die Durchführung der Präventionsleistung verantwortet. "Wie soll diese Behörde das schaffen?", fragte Caspers-Merk, "die BZgA hat überhaupt keine Ansprechpartner und Strukturen vor Ort. Wie soll eine Bundesbehörde das also schaffen?".

Ein Präventionsgesetz, kein Krankenkassengesetz

Schlenker forderte deswegen mehr Unterstützung von der Bundesregierung. Prävention müsse eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden. Die dann auch gesamtgesellschaftlich durch Steuern finanziert werde, sagte Schlenker. Und: "Wir brauchen ein staatliches Präventionsgesetz. Der Entwurf ist bislang ein Krankenkassengesetz."

Von der Verhaltens- zur Verhältnisprävention

Positiv sei dennoch, dass das geplante Präventionsgesetz die Stärkung der Prävention in den Lebenswelten überhaupt vorsehe, so der Tenor auf der Herbsttagung. Diese Fokussierung sei zu begrüßen, da Prävention und Gesundheitsförderung nur dann erfolgreich sein können, "wenn sie zum selbstverständlichen Bestandteil des Alltags werden", erläuterte Caspers-Merk. Der Gesetzentwurf brauche nur noch mehr Struktur, mehr Klarheit und mehr Mittel. Die Forderung: Prävention müsse zur vierten Säule der Gesundheitspolitik werden.

Zahnmedizinische Früherkennungsuntersuchungen fehlen

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) begrüßen das Präventionsgesetzes grundsätzlich. Sie kritisieren jedoch, dass der Entwurf keine Änderungen für die zahnmedizinischen Früherkennungsuntersuchungen vorsieht.

Jene solle statt ab dem 30. Lebensmonat schon ab dem sechsten Lebensmonat stattfinden. Die Untersuchungen sollten zudem in das ärztliche Kinderuntersuchungsheft mit einer Verweisung zum Zahnarzt verankert und dokumentiert werden. Dabei sind die in dem fundierten zahnmedizinischen Versorgungskonzept „Frühkindliche Karies vermeiden“ skizzierten Lösungsvorschläge eine Kernforderung. Zugleich sehen sich BZÄK und KZBV als wichtige Vertreter der Zahnmedizin für das Präventionsforum.

Bereits zum fünften Mal trafen sich 300 Experten aus Politik und Gesundheitswesen auf der traditionellenPräventionstagung in Berlin. Veranstaltet wird der Kongress gemeinsam vom Kneipp-Bund e.V., dem Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD) und der Barmer GEK.

Der Kneipp-Bund e.V. ist Dachverband von mehr als 600 Kneipp-Vereinen mit etwa 160.00 Mitgliedern und damit die größte nichtkommerzielle Gesundheitsorganisation in Deutschland. Satzungsziel des Vereins ist die Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung. Der DAMiD übernimmt die Aufgabe, das gesamte Spektrum der Antroposophischen Medizin zu bündeln und gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung zu vertreten.

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