Amtsgericht München

Praxis stellt falsches Masken-Attest aus – Gericht spricht Patient frei

ck
GesellschaftZahnmedizin
Das Amtsgericht München sprach einen Handwerker frei, der glaubwürdig darlegen konnte, dass er nicht wusste, dass er ein falsches Attest benutzte. Gegen die ausstellende Arztpraxis wird intensiv ermittelt.

Dem Handwerker wurde vorgeworfen, dass er am Ostbahnhof München ohne den vorgeschriebenen Mund-Nase-Schutz unterwegs gewesen sei. Auf Nachfrage händigte er den kontrollierenden Polizeibeamten ein auf ihn ausgestelltes Attest aus, das ihn vom Tragen einer Maske aus medizinischen Gründen befreit.

Die Bescheinigung hatte er zuvor bei einer Praxis per E-Mail zum Preis von 17 Euro erworben, ohne dass er jemals persönlich dort untersucht wurde. Eine erwiesene mediznische Indikation lag demzufolge nicht vor.

Der Angeklagte erzählte, er habe den ihm von Bekannten empfohlenen Arzt per E-Mail kontaktiert und dann das Attest per Post erhalten: „Vor Ort war ich nicht. Zu dem Zeitpunkt war die pandemische Lage so schlimm. Es wurde gesagt, dass man per Telefon Atteste anfragen kann. Nachdem ich das per E-Mail vom Arzt bekam, habe ich telefonisch nochmal die Praxis kontaktiert. Ich habe mir versichern lassen, dass das in Ordnung ist. Ich habe mit der Assistentin gesprochen, welche das ausgestellt hat. (…) Ich bin kein Arzt. Ich habe der Praxis vertraut.“

Die Praxis hatte 4.700 Atteste per Post verschickt

Der Angeklagte habe auf das Attest mit ersichtlich ausgedrucktem Stempel der für massenhafte Ausstellung bekannten Praxis die handschriftlichen Ergänzungen dann selbst eingetragen. Den Ermittlungen zufolge hatte der Praxisinhaber mit seinen Assistentinnen insgesamt 4.700 Atteste ausgestellt und per Post verschickt.

Die meisten Atteste wurden via E-Mail beantragt. Bei dem Gros der Fälle sei davon auszugehen, dass es zu keiner Begutachtung kam. Bereits auf der Startseite der Praxis-Homepage fand sich demnach ein E-Mail-Verweis zur Maskenattestbeantragung.

Bei dem Beschuldigten war kein Vorsatz erkennbar

Am Ende wurde der Mann freigesprochen. da man ihm die zur Last gelegte Tat nicht mit Sicherheit nachweisen konnte. Die Richter halten es für erwiesen, dass er nicht vorsätzlich gehandelt hatte, sondern schlicht nicht gewusst habe, dass das Attest ungültig war.

Aus der Korrespondenz zwischen dem Angeklagten und der Praxis ergab sich demnach, dass der Angeklagte tatsächlich per E-Mail ein Attest zur Maskenbefreiung angefordert und dabei angegeben hatte, dass er unter Hautirritationen, gelegentlicher Atemnot und Kopfschmerzen leide. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Arzt sich mit seinen Symptomen befasst hatte. Dagegen wird gegen die Praxis des ausstellenden Arztes nun intensiv ermittelt.

Amtsgericht MünchenAz.: 824 Cs 234 Js 109736/21Urteil vom 28. Oktober 2021Das Urteil ist aufgrund Berufung der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftig.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.