Prüfer mit den meisten Leberzentren zufrieden
Die Prüfungskommissionsvorsitzenden Anne-Gret Rinder und Hans Lippert teilten am Mittwoch in Berlin die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen mit. In vier Transplantationszentren wurden schwerwiegende Richtlinienverstöße unterschiedlicher Ausprägung festgestellt. In zwanzig Transplantationszentren wurden keine Richtlinienverstöße, beziehungsweise nur solche festgestellt, bei denen sich kein Verdacht auf systematische oder bewusste Falschangaben zur Bevorzugung bestimmter Patienten ergab.
Die Prüfungen sind Teil des nach dem Transplantationsskandal im Sommer 2012 auf neuer gesetzlicher Grundlage ausgeweiteten Kontrollsystems im Transplantationswesen. Die Prüfungskommission setzt sich aus Bundesärztekammer, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem GKV-Spitzenverband zusammen. „Durch die neu geschaffenen Kontrollmöglichkeiten konnten wir schnell und angemessen auf die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten reagieren“, sagte Rinder.
Vieles hat sich schon verbessert
„Positiver Effekt der Vor-Ort-Prüfungen ist im Zusammenhang mit der Einführung der interdisziplinären Transplantationskonferenzen bereits jetzt eine Verbesserung der formalen Abläufe sowie der Dokumentationen“, ergänzte Lippert. Nach Einschätzung der Kommissionsvorsitzenden ist für die Jahre 2012 und 2013 mit einer deutlich geringeren Anzahl von Richtlinienverstößen zu rechnen.
Die Kommissionsvorsitzenden erläuterten: Nach einer Vor-Ort-Prüfung werde ein Bericht erstellt, der die Feststellungen und Wertungen der Kommissionen enthält. Dieser Bericht werde zur Gewährung rechtlichen Gehörs unter Fristsetzung an die für das Lebertransplantationsprogramm eines Zentrums verantwortlichen Ärzte übersandt. Die Kliniken hätten Gelegenheit, zu wesentliche Kritikpunkten Stellung zu beziehen.
Schwerwiegende Richtlinienverstöße in Göttingen, Leipzig, München und Münster
Der abschließende Kommissionsbericht werde anschließend jeweils dem Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums, den zuständigen Landesbehörden sowie der Landesärztekammer und gegebenenfalls der zuständigen Staatsanwaltschaft zugeleitet. Schwerwiegende Richtlinienverstöße stellten die Prüfer in der Universitätsklinik Göttingen und Leipzig sowie in zahlenmäßig geringerem Ausmaß im Klinikum rechts der Isar in München und Münster fest.
Diese Verstöße hatten zur Folge, dass für bestimmte Patienten die Dringlichkeit zur Lebertransplantation erhöht wurde und sie damit auf der Warteliste weiter nach vorne rückten. „Allerdings ist es in einigen Zentren auch um grenzwertige oder nicht mehr richtlinienkonforme Indikationen gegangen“, erläuterte Prof. Dr. Hans Lilie, Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer und Mitglied des Prüfteams.
GKV-Spitzenverband fordert Fortsetzung der Arbeit
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Johann-Magnus von Stackelberg erklärte anlässlich der Ergebnisse: „Die deutsche Transplantationsmedizin befindet sich in einer tiefen Vertrauenskrise. Um Vertrauen wieder herzustellen hilft nur eine lückenlose Aufklärung aller Manipulationen in den Transplantationszentren. Normalität wird in der Transplantationsmedizin nur einkehren können, wenn diese Arbeit fortgesetzt wird. "
Um dem Auftrag des Gesetzgebers und dem besonderen Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu entsprechen, veröffentlichen die Prüfungskommission und die Überwachungskommission in ihrem Jahresbericht auch sämtliche Stellungnahmen zu bisherigen Prüfungen in anonymisierter Form. Vorgesehen ist, dass alle 46 Zentren mit ihren gut 140 Transplantationsprogrammen mindestens einmal in einem Zeitraum von 36 Monaten vor Ort geprüft werden.