Respekt! Wie man Ansehen gewinnt
Zunächst beantwortete Borbonus die Frage: Was ist Respekt eigentlich? "Respicere“, sagte er, bedeutet so viel wie zurückblicken, Rücksicht nehmen beziehungsweise den anderen sehen. Diese persönliche Ebene - die Begegnung auf Augenhöhe - mache den Respekt aus. Gerade diese persönliche Dimension sei es aber auch, die den Respekt in Zeiten neuer Medien so stark gefährde.
Kommunikation im Affekt
„Heute kommunizieren wir oftmals im Affekt", sagte er. "In einer E-Mail werden schnell Dinge geschrieben, die man hinterher bereut. Als noch per Brief kommuniziert wurde, wurden solche Äußerungen zwar auch niedergeschrieben, dann aber meistens nochmal überdacht und abgemildert“, erklärte Borbonus die gesellschaftlichen Veränderungen.
Verstärkt werde dieser Effekt noch durch die Anonymität der Massenkommunikation im Internet, die die Menschen überfordere. Ein gutes Geschäft sei die Respektlosigkeit hingegen für die Medien. Gemäß dem Motto „kein Streit, keine Meldung“ beruhe eine Vielzahl aktueller Unterhaltungsformate, wie etwa die „heute show“ oder das „Dschungelcamp“, auf inszenierter Respektlosigkeit.
Die Bagatellisierung des anderen
Zu den größten Respektlosigkeiten im Alltag gehöre indes die Bagatellisierung, also das Nicht-Sehen-Können oder -Wollen des anderen. „Wendet sich jemand mit seinen Sorgen an uns, so sind Äußerungen wie „ist doch nicht so schlimm“ oder „du schaffst das schon“ zwar gut gemeint, letzten Endes aber trotzdem respektlos. Zunächst sollten Sie die Sorgen und Ängste Ihres Gegenübers sehen, anschließend können Sie trösten“, riet Borbonus den über 1.000 Zuhörern.
Eine andere weit verbreitete Respektlosigkeit im Alltag sei das Infragestellen der Glaubwürdigkeit anderer. Auch hierzu hatte der 37-jährige Familienvater ein Beispiel aus seinem persönlichen Umfeld parat: „Wenn ich bemerke, dass sich mein neunjähriger Sohn nicht die Zähne geputzt hat, dann kann ich fragen: „Hast du dir die Zähne geputzt?“ und ihn mit der zu erwartenden positiven Antwort zum Lügner stempeln. Stattdessen kann ich ihn aber auch einfach bitten, sich die Zähne zu putzen und ihm somit respektvoll gegenüber treten.“
Kein Gefühl ohne Kognition
Zum Abschluss sprach Borbonus über den Zusammenhang von Emotion und Kognition. „Es gibt kein Gefühl ohne Kognition. Man regt sich nie über eine Situation auf, sondern nur über das, was wir in die Situation hinein interpretieren. Wenn Sie das nächste Mal ein aufkommendes Gefühl nicht gebrauchen können, fragen Sie sich einfach mal, ob Sie die Situation überhaupt richtig bewerten, ob das Gefühl überhaupt das passende für die Situation ist.“
Auf diese Weise sei es möglich, respektloses Verhalten zu hinterfragen beziehungsweise zu vermeiden. Gleichzeitig sei es jedoch wichtig, sich die Freude an der Kommunikation zu erhalten und keine unrealistischen Ansprüche an sich zu stellen. "Oder um es mit den Worten von Dalí zu sagen: „Haben Sie bitte keine Angst vor Perfektion, Sie sind ja weit genug davon entfernt!“