Rotes Fleisch kann Krebs verursachen
Würstchen, Schinken und anderes verarbeitetes Fleisch sind nach Einschätzung der Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) krebserregend. Der regelmäßige Konsum erhöhe das Risiko für Darmkrebs, teilte die Behörde der WHO gestern in Lyon mit. Darunter wird das Muskelfleisch aller Säugetiere verstanden, also auch von Rind, Schwein, Lamm, Kalb, Schaf, Pferd und Ziege.
"Man kann jedes Fleisch bedenkenlos essen. Es kommt aber auf die Menge an."
Die Ergebnisse bestätigten geltende Gesundheitsempfehlungen, den Konsum von Fleisch zu begrenzen, sagte Agentur-Chef Christopher Wild. "Man kann jedes Fleisch bedenkenlos essen. Es kommt aber auf die Menge an", betonte Prof. Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Fleischwaren pro Woche zu essen.
Die Realität sehe aber bundesweit anders aus, sagte DGE-Pressesprecherin Antje Gahl in Bonn. So verzehrten Männer im Durchschnitt wöchentlich etwa doppelt so viel - nämlich 1.092 Gramm. Frauen liegen demnach mit 588 Gramm an der oberen Grenze. Die Zahlen stammen allerdings aus einer Befragung von 2005 bis 2007. 22 Experten hatten mehr als 800 Studien über den Zusammenhang von Fleischkonsum und dem Risiko für verschiedene Krebsarten ausgewertet. Ergebnis: Das Darmkrebsrisiko steigt beim Konsum von je 50 Gramm verarbeitetem Fleisch täglich um etwa 18 Prozent.
"Verarbeitetet" heißt zum Beispiel gepökelt oder geräuchert
Verarbeitet bedeutet, dass Fleisch zum Beispiel gepökelt oder geräuchert wurde. Das Risiko für Darmkrebs steige mit der Menge des konsumierten Fleischs, erläuterte Kurt Straif von der Krebsforschungsagentur. "Angesichts der großen Zahl an Menschen, die verarbeitetes Fleisch essen, hat der weltweite Einfluss auf die Krebshäufigkeit Bedeutung für die öffentliche Gesundheit."
Bei rotem Fleisch gibt es nach Ansicht der Wissenschaftler begrenzte Belege, dass es beim Menschen Krebs erzeugt. Zur Frage, ob unterschiedliche Zubereitungsweisen das Krebsrisiko beeinflussen, reichten die vorliegenden Daten nicht aus. Weißes Fleisch, also Geflügel, wurde in dem Bericht nicht betrachtet.
Medizin-Nobelpreisträger Prof. Harald zur Hausen kritisierte, dass in dem Bericht nicht erwähnt werde, dass es Länder mit hohem Fleischkonsum gebe, in denen die Dickdarmkrebsraten trotzdem sehr niedrig sind. Aus seiner Sicht müsste mehr zwischen den verschiedenen Sorten roten Fleisches differenziert werden. So gebe es Anhaltspunkte, dass vor allem bestimmte Sorten von Rindfleisch das Risiko steigern, sagte der frühere Vorstandsvorsitzende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg.
Die WHO-Behörde ist der Auffassung, dass die Daten für eine solche Unterscheidung nicht ausreichen. Ernährungswissenschaftler weisen darauf hin, dass Fleisch unter anderem Eisen und wichtige Vitamine liefert. Wer kein Fleisch essen möchte, muss sich andere Lieferanten für wichtige Nährstoffe suchen.