Schlaganfall durch Kariesbakterien
Abstract
Orale Infektionskrankheiten sind epidemiologisch mit Schlaganfällen assoziiert. In dieser Studie haben japanische Wissenschaftler analysiert, inwieweit eine genetische Variante des Streptococcus mutans das Schlaganfallrisiko erhöht. Die Autoren hatten bereits anhand von Tierexperimenten gezeigt, dass die Bakterien, weil sie das kollagenbindende Protein Cnm produzieren, itrazerebrale Mikroblutungen auslösen können, wenn sie über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangen.
Einführung
Kleine Gefäßerkrankungen (SVD/ small vessel diseases) des Gehirns wie beispielsweise Mikroblutungen, lacunäre Infarkte und White Matter Lesions (WML) sind wichtige Biomarker für eine Gefäßverletzung und für Funktionsstörungen des Gehirns. Die zugrunde liegenden Mechanismen und Risikofaktoren für diese Gefäßerkrankungen sind zwar noch weitgehend unerforscht, doch steht das Protein Cnm im Verdacht, an den Wänden dieser kleinen Blutgefäße Entzündungen zu verursachen und dadurch ihre Stabilität zu schwächen.
Die Risikofaktoren für diese Mikroblutungen sind langjährige Hypertonie, fortgeschrittenes Alter, männliches Geschlecht und chronische Nierenkrankheiten - trotzdem sind auch Probanden betroffen, die nicht in dieses Profil fallen. Die Autoren beobachteten eine starke Korrelation der Mikroblutungen mit den Cnm-positiven S. mutans in der Mundhöhle. In Übereinstimmung dazu hatten bereits Nakano et al. herausgefunden, dass die Cnm-positive S. mutans zur Entwicklung einer intrazerebralen Blutung beitragen, indem das Kollagen-bindende Protein (CBP) das cnm-Gen auf die Bakterienoberfläche kodiert und dadurch die Blut-Hirn-Barriere unterbricht.
Dies steht den Autoren zufolge im Einklang mit der Tatsache, dass sich parodontale und andere Infektionen als Risikofaktoren für Schlaganfälle herausgestellt haben. S. mutans ist demnach ein wichtiger Karieserreger, der eine Bakteriämie aufgrund täglich ablaufender dentaler Prozesse verursacht.
Ziel der Studie war, die potenzielle Bedeutung der cmnpositive S. mutans bei der Entstehung von Hirnblutungen und Schlaganfällen bei Patienten mit akuten zerebrovaskulären Erkrankungen zu untersuchen und die zugrundeliegenden Mechanismen zu erforschen, mit denen diese spezifischen Karieserreger die Pathogenese der Gefäßerkrankungen beeinflussen.
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Ergebnisse
Die Ärzte werteten die Daten von 99 akuten Schlaganfallpatienten mit einem durchschnittlichen von Alter 70 Jahren aus Dafür wurden die cnm-Gene aus ihrem Speichel isoliert, gescreent und auf ihre Kollagen-Bindungsaktivitäten untersucht. 63 der Probanden waren männlich, 36 weiblich. 67 von ihnen hatten zuvor ursächlich einen ischämischem Schlaganfall, 5 eine transitorische ischämische Attacke (TIA) und 27 eine Hirnblutung.
S. mutans wurde bei insgesamt 51 Patienten festgestellt. Von den Patienten mit hämorrhagischem Schlaganfall hatten 22 Prozent die Cnm-positiven Mikroben im Speichel, bei den anderen Patienten waren es nur sechs Prozent. Ihr Vorhandensein war signifikant mit einer Hirnblutung assoziiert. Ob CNM-positive S. mutans bereits in der früheren Krankengeschichte befundet wurden, spielte bezogen auf das Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen oder von vaskulären Risikofaktoren keine signifikante Rolle.
Zusätzliche Untersuchungen mittels Kernspintomografie ergaben, dass bei Probanden mit Cnm-positiven Streptokokken mehr kleinere Hirnblutungen auftraten als bei den anderen. Die Forscher vermuten daher, dass die Bakterien gerade solche Blutgefäße zum Platzen bringen, die durch hohen Blutdruck vorgeschädigt sind. Die Ergebnisse bestätigen damit, dass die Vermeidung von Infektionen im Mundraum durch Zahnpflege auch für die Allgemeingesundheit von elementarer Bedeutung ist.
Tonomura, S. et al. Intracerebral hemorrhage and deep microbleeds associated with cnm-positive Streptococcus mutans; a hospital cohort study. Sci. Rep.6, 20074; doi: 10.1038/srep20074 (2016).