Smoothies killen Schmelz
Sie stehen schon am Eingang des Supermarktes im Kühlregal. In sattem Grün, Orange, Rot oder appetitlich-gesunden Gelb. Und in kleinen putzigen Plastikflaschen. Eine Augenweide mit ganz viel Vitaminen drin! Ein wahres Lebenselixir! Da greift man doch schnell zu, achtet nicht auf den Preis und freut sich über die gesunde Ernährung im Büro oder zu Hause.
Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig, schließlich spricht sich auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung für fünf obst- oder gemüsehaltige Mahlzeiten pro Tag aus - die "Five a Day"-Kampagne wird EU-weit gefördert. Und viele Menschen trinken eben sogenannte Smoothies, um dieses Ziel zu erreichen. Oder?
Aber von vorn. Beginnen wir mit der Frage, was Smoothies sind: Getränke, die zu 100 Prozent aus verschiedenen Früchte-Kombinationen hergestellt sind und keine weiteren Zutaten enthalten. Bislang gibt es für die ursprünglich aus Brasilien stammenden Säfte keine lebensmittelrechtliche Definition.
Dabei entspricht eine übliche Portion dieses Vitaminkicks zwei der fünf empfohlenen Rationen an Obst. 1994 erreichten die Getränke die USA und werden seitdem zunehmend getrunken. Von 6,3 auf 34 Millionen Liter stieg der Verzehr der Flüssigfrucht allein zwischen 2001 und 2006. Schätzungen zufolge wird er sich in den folgenden fünf Jahren nochmals verdreifachen. Dabei wurden nur in Geschäften gekaufte Getränke berücksichtigt, selbst hergestellte und solche aus Restaurants sind in der Prognose nicht enthalten.
Auf dem Säureprüfstand
Vitaminkick - schön und gut. Fest steht jetzt: Die Smoothies sind nicht unbedenklich. Ihre Säuren greifen die Zahnoberfläche an, wie eine im British Dental Journal erschienene Untersuchung zeigt. Um einzuschätzen, wie gefährlich die Getränke für die Zahngesundheit sind, wurden verschiedene Smoothies auf ihren pH-Wert, die Titrierbarkeit und ihre Wirkung auf humane Schmelzproben hin getestet. Fünf verschiedene Smoothies aus dem Supermarkt (Marke "Innocent") und ein "Thickie" - das ist ein Saft aus Joghurt mit Vanille und Honig - sowie ein selbst gemachter Smoothie, der in seiner Rezeptur dem käuflichen entsprach, standen im Test.
Um das erosive Potenzial einzelner Zutaten besser bestimmen zu können, erzeugten die Forscher von dem eigens hergestellten Smoothie fünf Variationen, denen je eine Zutat fehlte (Erdbeer, Banane, Apfel, Grapefruit oder Orange/Limone). Als Negativkontrolle diente stilles Mineralwasser (Volvic), als Positivkontrolle Orangensaft.
Nach der Bestimmung des initialen pH-Werts wurde die Menge an 0,1N Natronlauge ermittelt, die für einen neutralen pH-Wert notwendig ist. Zusätzlich wurden humane Schmelzproben eine Stunde lang in den verschiedenen Getränken inkubiert und anschließend die Profile und die Mikrohärte der Oberflächen mittels eines Vickers-Härteprüfgeräts per Mikroskop ermittelt.
Ergebnis: Bis auf das Mineralwasser (pH 8,08) und den "Thickie" (pH 5,7) lagen alle Getränke unter 5,5 - und damit unter dem für die dentale Erosion kritischen pH-Wert. Hinsichtlich der Titrierbarkeit ähnelten sich alle Smoothies (72,68 bis 81,26 ml 1N NaOH), wobei der selbst hergestellte Erdbeer-Bananen-Smoothie mehr Natronlauge benötigte, um einen neutralen pH-Wert zu erreichen, als der gekaufte (78,94 versus 72,68 ml). Für die Neutralisierung von 100 ml Orangensaft wurden 81,3 ml 1N NaOH gebraucht und für den "Thickie" 66,34 ml.
Die Mikrohärte der Schmelzproben hatte sich nach der Inkubation bei allen Getränken außer dem "Thickie" (+ 7,4 Prozent) reduziert. Bei dem Mineralwasser nahm sie um 0,55 Prozent ab, bei dem Orangensaft um 72,47 Prozent. Die Mikrohärte des Schmelzes fiel bei den Smoothies um 18,02 Prozent (selbst hergestellter Erdbeer-Bananen Smoothie ohne Orangen- und Limonensaft) und um 39,21 Prozent (selbst hergestellter Smoothie ohne Erdbeeren).
Kiwi-Apfel-Limonen-Mix erodiert am stärksten
Der mittlere Verlust der Zahnhartsubstanz nach Immersion betrug bei Mineralwasser 0,13 µm und bei Orangensaft 15,39 µm. Bei dem Thickie war kein Verlust zu beobachten, sondern im Gegenteil ein Zuwachs von 0,36 µm. Die größten Schäden wurden durch einen Kiwi-Apfel-Limonen-Smoothie verursacht (-28,26 µm), alle anderen Smoothies führten zu Verlusten von 1,9 bis 10,79 µm.
Der Thickie ist diesen Untersuchungen nach als einziges Getränk neben dem Mineralwasser ohne erosive Eigenschaften. Dennoch kann er nicht als unbedenklich für die Zahngesundheit betrachtet werden, da er große Mengen an fermentierbaren Kohlenhydraten enthält, die dann schließlich doch zur Entstehung von Karies beitragen können.
Fazit: Wer Smoothies trinkt, um seinen täglichen Bedarfs an Obst zu decken, schadet seiner Zahngesundheit. Gerade ein über den Tag verteilter dauerhafter Konsum sollte aufgrund des erosiven Potenzials vermieden werden. Wenn, dann sollte man Smoothies zu den Mahlzeiten trinken, raten die Autoren.
S. M. Blacker1and R. G. Chadwick2;1Clinical Lecturer in Restorative Dentistry,2Clinical Senior Lecturer in Restorative Dentistry and Honorary Consultant in Restorative Dentistry, The Dental School and Hospital, Park Place, Dundee, DD1 4HN, British Dental Journal 2013; 214: E8