So führen private WhatsApp-Chats zur fristlosen Kündigung
Der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel vom VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte stellt diesen Fall vor, der im vergangenen Jahr vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen verhandelt wurde: Ein 42-jährige Gruppenleiter arbeitete seit 2004 bei einem Luftfahrtunternehmen. In einer WhatsApp-Gruppe mit Kollegen teilte er mehrfach menschenverachtende Nachrichten. Sie enthielten unzählige beleidigende, gewaltverherrlichende, rassistische, antisemitische und sexistische Bemerkungen über Vorgesetzte, Kollegen und das Unternehmen.
Ein Kollege leitete die Inhalte schließlich an den Betriebsrat weiter. Die Personalabteilung erhielt ein ganzes Chat-Protokoll: 316 Seiten voller beleidigender und verstörender Aussagen. Die Konsequenz: Fristlose Kündigung trotz 20 Jahren Betriebszugehörigkeit.
Wer so schreibt, fliegt – auch ohne Abmahnung!
Das Landesarbeitsgericht stellte klar: Diese Äußerungen sind ein gravierender Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Eine Abmahnung war nicht nötig – denn dem Kläger hätte klar sein müssen, dass sein Verhalten untragbar ist. Die lange Betriebszugehörigkeit und die Unterhaltspflicht für sein Kind änderten daran nichts.
Der Mann berief sich auf den privaten Charakter des Chats, doch das Gericht machte deutlich: Bei derart menschenverachtenden Inhalten gibt es keine berechtigte Vertraulichkeitserwartung. Die Beziehung unter Kollegen ersetzt keine rechtlichen Grenzen.
Was heißt das für Arbeitnehmer?
„Was Sie schreiben, kann Sie den Job kosten. Auch in privaten Chats. Auch außerhalb der Arbeitszeit“, stellt Görzel klar. „Wer Kollegen oder Chefs beleidigt, diskriminiert oder zu Gewalt aufruft, riskiert seinen Arbeitsplatz – selbst bei langjähriger Beschäftigung oder Kündigungsschutz.“
Sein Tipp: „Wer Ärger hat, sollte lieber das direkte Gespräch suchen oder rechtlichen Rat einholen – und nicht in WhatsApp-Gruppen Dampf ablassen. Denn digitale Worte sind schnell verbreitet – und können schnell zu Beweismitteln vor Gericht werden.“
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Az.: 15 Sa 787/23
Urteil vom 30. September 2024