Sollen Kinder gegen COVID-19 geimpft werden?
In der ntv-Sendung „Frühstart“ hatte sich Spahn dafür ausgesprochen, Kinder und Jugendliche über zwölf Jahre in die Impfkampagne mit einzubeziehen und ihnen ein Impfangebot zu machen – auch dann, wenn eine entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) ausbleibt.
Spahn will im nächsten Schuljahr wieder Normalität
Bis Ende August sollen laut Spahn alle geimpft sein, die wollen. Er schlug vor, dass Eltern und Kinder gemeinsam mit ihrem Arzt eine individuelle Entscheidung vor dem Hintergrund der STIKO-Aussagen treffen könnten. Spahns Absicht: Nach den Ferien soll das nächste Schuljahr wieder weitestgehend regulär ablaufen.
Die STIKO hält die Datenlage für zu dünn
Derzeit berät die STIKO über eine Impfempfehlung für Zwölf- bis 15-Jährige. Bisher haben sich STIKO-Mitglieder zu einer allgemeinen Impfempfehlung für alle Kinder eher skeptisch geäußert. Eine allgemeine Impfempfehlung für alle Kinder und Jugendliche hält man dort für unwahrscheinlich, denn derzeit sei die Datenlage nicht ausreichend, um zu erkennen, wie Kinder von den Impfungen profitieren.
Man arbeitet nicht auf Zuruf des BMG
So sagte STIKO-Mitglied Prof. Dr. Rüdiger von Kries im „rbb spezial“: „Die STIKO ist ein autonomes Organ, wir arbeiten nicht auf Zuruf des Ministeriums, wir treffen unsere Entscheidungen nach Bewertungen der Risiken und des Nutzens.“ Laut Kries sei momentan nichts über die Nebenwirkungen von Corona-Impfungen bei Kindern bekannt. Das betonte auch der STIKO-Vorsitzende Prof. Dr. Thomas Mertens im „Deutschlandfunk“. Die Aussagen zur Sicherheit dieses Impfstoffes für diese Altersgruppe seien limitiert.
Die Argumentation der STIKO wird von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) unterstützt. „Die Frage, ob die Gefahr für schwere oder tödliche Verläufe in dieser Altersgruppe einen Impfschutz erforderlich macht, ist nicht beantwortet“, erklärte deren Präsident, Prof. Dr. Martin Scherer. „Ob die Impfung von Kindern und Jugendlichen erforderlich ist, um die Ausbreitung des Virus in anderen Altersgruppen zu vermeiden oder dem Selektionsdruck zur Entstehung neuer Mutationen entgegenzuwirken, ist ebenso fraglich.“
Oder sollten Kinder und Jugendliche zuletzt geimpft werden?
Scherer hält deswegen COVID-19-Impfungen von Kindern und Jugendlichen allenfalls bei schweren Vorerkrankungen im Rahmen von kontrollierten Studien denkbar. Sofern Erwachsene mit hohem Komplikationsrisiko geschützt werden sollen, sei deren eigene Impfung sinnvoll und vorrangig.
Auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesärztekammer kommen kritische Stimmen: Da die Datenlage zum Infektionsrisiko bei Kindern und Jugendlichen noch sehr dünn sei, bestehe weiterer Klärungsbedarf. Ferner kommt Kritik von der Politik. Auch der Gesundheitsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, warnte vor einer voreiligen Impfung von Kindern und Jugendlichen. Die Priorisierung müsse eingehalten werden. Erst in einem letzten Schritt sollten, sofern die Impfkommission dies empfehle, Kinder und Jugendliche geimpft werden, betonte er heute im ARD-Morgenmagazin.
Mancherorts werden Impfangebote für Schüler vorbereitet
Weitere Politiker der SPD hingegen, so etwa der Gesundheitsexperte Prof. Karl Lauterbach oder Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, plädieren für ein zügiges Impfangebot für Kinder und Jugendliche. In einzelnen Bundesländern laufen Vorbereitungen für Impfangebote an Schüler. Aber: Die Impfstoff-Verteilung wird – angesichts der ohnehin knappen Impfstoffe – von Ländern wie Brandenburg oder Hamburg - kritisch gesehen.
Morgen entscheidet die EMA
Voraussichtlich am morgigen Freitag will die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) entscheiden, ob BioNTech für Kinder ab zwölf bis 15 Jahren zugelassen werden soll. Für Jugendliche ab 16 ist das schon der Fall.