Stevia für Diabetiker nicht besser als Zucker
„Stevia ist eine weitere Alternative zu Zucker, die keine Kalorien erhält“, erklärt Prof. Dr. Stephan Matthaei, Präsident der DDG. „Nicht mehr und nicht weniger.“ Seit der Entfernung von Diabetikerprodukten aus dem Handel gelte, dass alle gesunden Lebensmittel grundsätzlich gleichermaßen geeignet seien für Diabetespatienten wie für Nicht-Diabetespatienten. Lediglich für Menschen, die an der angeborenen Stoffwechselstörung Phenylketonurie leiden und zugleich Süßstoffe benötigen, sei Stevia eine gute Alternative, so Matthaei.
Zweihundert- bis dreihundertfach süßer als Zucker
Steviolglycoside, umgangssprachlich „Stevia“ genannt, sind seit Dezember 2011 unter der Bezeichnung „Lebensmittelzusatzstoff E 960“ als Süßungsmittel in der Europäischen Union zugelassen. Stevia wird aus der Pflanze „Stevia rebaudiana“ gewonnen, auch als „Süßkraut“ oder „Honigkraut“ bekannt. Stevia ist zweihundert- bis dreihundertfach süßer als Zucker und praktisch energiefrei.
Der Verzehr von Steviolglycosiden gilt bei Einhaltung der duldbaren Tagesdosis (ADI) von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag als unbedenklich. Ob die Gefahr einer Überdosierung besteht, sei derzeit noch ungeklärt. Stevia ist weder kariesfördernd noch krebserregend, schädigt nicht das Erbgut und stört auch nicht die Fruchtbarkeit oder Entwicklung des Ungeborenen.
Krebsrisiko nicht wissenschaftlich erwiesen
Dies gelte in gleicher Weise für andere Süßungsmittel, betont Prof. Dr. Andreas Fritsche, Pressesprecher der DDG aus Tübingen. So hat die American Diabetes Association fünf künstliche Süßungsmittel getestet und für unbedenklich erklärt: Acesulfam, Aspartam, Saccharin, Sucralose und Neotam. „Es gibt keinerlei belastbare wissenschaftliche Belege, die zeigen, dass diese Süßstoffe in den zum Verzehr empfohlenen Mengen krebsfördernd sind“, erläutert Fritsche. Der DDG-Experte tritt auch der mitunter geäußerten Behauptung entgegen, wonach Süßstoffe oder eine angeblich damit verbundene Insulinausschüttung Hungerattacken auslösen und sogar süchtig machen können.
„Wenn überhaupt, vermittelt Insulin bei schlanken Menschen ein Sättigungssignal ans Gehirn“, so Fritsche. Bei übergewichtigen Menschen dagegen sei das Gehirn vermutlich unempfindlich gegenüber Insulin. Deshalb komme das Sättigungssignal möglicherweise nicht mehr im Gehirn an. „Nach allem, was wir derzeit wissenschaftlich wissen, können weder Zucker noch Süßungsmittel süchtig machen“, erläutert Fritsche. Unabhängig davon sollte jeder darauf achten, nicht mehr als die empfohlenen Mengen Süßstoff oder mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag zu sich zu nehmen.
Gute Alternative für Phenylketonurie-Patienten
Lediglich für Menschen, die unter der sehr seltenen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie leiden und zugleich aufgrund von Diabetes Süßstoffe benötigen, ist Stevia eine gute Alternative. Wer an Phenylketonurie erkrankt ist, verträgt die Aminosäure Phenylalanin nicht. Da das Süßungsmittel Aspartam Phenylalanin enthält, müssen Betroffene es meiden – Stevia hingegen enthält wie weitere Süßstoffe kein Phenylalanin. „Das dürfte jedoch insgesamt nicht mehr als ein Dutzend Menschen in Deutschland betreffen“, betont Fritsche. Erforscht sei unterdessen, warum Stevia nicht nur süß, sondern auch bitter schmeckt. Dafür sorgen die beiden Geschmacksrezeptoren hTAS2R4 und hTAS2R14, wie Wissenschaftler der Technischen Universität München und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam Rehbrücke herausfanden. In hoher Konzentration löst Stevia lakritzartige, bittere Geschmacksnoten aus.