Stopp für das Nationale Gesundheitsportal
Der Wort & Bild-Verlag hatte gegen den Betrieb des Portals geklagt. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass die Bundesregierung mit Betreiben des Portals gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoße. Ein Großteil der auf dem Portal eingestellten Artikel überschreite die Grenzen des zulässigen staatlichen Informationshandelns.
Der Verlag, der selbst mehrere Gesundheitsportale betreibt, in denen er Informationen zu den Themen Gesundheit und Krankheiten für den medizinischen Laien in aufbereiteter Form anbietet, hat in dem Verfahren von der Bundesrepublik Deutschland verlangt, das Nationale Gesundheitsportal „gesund.bund.de“ nicht länger mit pressemäßig aufbereiteten Artikeln zu allgemeinen Gesundheitsthemen zu betreiben beziehungsweise anzubieten.
Der Verlag sieht in dem Gesundheitsportal des Bundes eine „Konkurrenz gegenüber den eigenen Angeboten, mit dem der Bund das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt. Dieses sogenannte Institut der freien Presse dient dazu, eine Meinungsbildung durch den Staat von obennach unten zu verhindern. Es soll die private Presse zudem vor einem Leserverlust durch staatliche Publikationen schützen, die ein Zeitungsangebot zu ersetzen vermögen."
Die meisten Artikel überschreiten die Grenzen des „staatlichen Informationshandelns"
Der Verlag hatte im Februar 2021 Klage eingereicht. Unterstützung erhielt er vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) – an dessen Stelle im April 2022 der medienverband der Freien Presse (MVFP) getreten ist – sowie dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).
Ein Großteil der auf dem Portal eingestellten Artikel überschreitet den Richtern zufolge auch die Grenzen des zulässigen staatlichen Informationshandelns. Diese enthielten keinerlei Hinweise zu akuten Gefahrensituationen, sondern allgemeine Informationen wie ein Gesundheitslexikon oder Tipps und Ratschläge für ein gesundes Leben. Um seinen staatlichen Aufgaben und Fürsorgepflichten gegenüber den Bürgern gerecht zu werden, bedürfe es eines solchen Portals des Bundes nicht. Zudem gehe der Substitutionseffekt zulasten der privaten Anbieter ähnlicher Formate.
Das BMG war mit dem Nationalen Gesundheitsportal im September 2020 während der Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an den Start gegangen. Ziel war, den Bürgern Informationen zu Gesundheitsthemen zu bieten. Zuvor gab es etliche Verzögerungen. Inhalte lieferten zunächst unter anderem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und das Robert Koch-Institut zu, schließlich wurde eine eigene Redaktion eingerichtet. Eine zunächst eingegangene Zusammenarbeit mit dem Internetkonzern Google stoppte das Landgericht München I im Februar 2021 mit Verweis auf Kartellrechtsverstöße. Google sollte Informationen des Gesundheitsportals zu Zeiten der Corona-Pandemie bei der Suche zu entsprechenden Stichworten bevorzugen und ganz vorne listen. Dem schob das Gericht einen Riegel vor.
Den weiteren Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht wiesen die Richter dagegen ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung ist möglich.
Landgericht Bonn
Az.: 1 O 79/21
Urteil vom 28. Juni 2023