Dr. Liebe

Die Zunge: neue Behandlungsaspekte für die Mundgesundheit

Wir alle haben „umami“ auf der Zunge? Sicher, auch wenn nicht jede und jeder von uns die Bezeichnung gehört hat, kennen wir den unvergleichlichen Geschmack! Denn jeder Mensch hat neben süß, sauer, salzig und bitter auch noch den Geschmack umami auf der Zunge verankert. Die Geschmacksrezeptoren Typ 1 (T1R) vermitteln einen süßen und den Umami-Geschmack. Daraus lassen sich Behandlungs- und Beratungstipps mit echtem Mehrwert für das Gespräch mit Patientinnen und Patienten ableiten.

1907 entdeckte Professor Ikeda Kikunae den fünften Geschmackssinn, den er Umami, aus „umai“ für „köstlich“ und „mi“ für „Geschmack“ nannte. 1907 isolierte er kristallines Mononatriumglutamat aus Kombu (Seetang) und stellte die Verbindung zwischen Glutamat und der geschmacksverstärkenden Wirkung des Seetangs her1.

Die Zunge beziehungsweise unser Geschmackssinn ist sehr sensibel auf umami: Wir können feinste Nuancen natürlichen und auch nicht-natürlichen Ursprungs von Umami schmecken. Das kommt nicht von ungefähr: Beispielsweise ist in der Muttermilch2 der Geschmack umami enthalten, und dementsprechend früh im Geschmacksempfinden verankert.

Umami wird als Geschmacksbaustein umgangssprachlich „Glutamat“ genannt, wissenschaftlich jedoch als „Glutaminsäure“ bezeichnet. Dieses beschreibt einen natürlichen Eiweißbaustein, der in allen proteinhaltigen Lebensmitteln vorkommt. Beispielsweise kommt Glutaminsäure in getrockneten Tomaten, Parmesan oder Sardellen vor. So gibt es eine Untersuchung, welcher Champagner mit welchen Austern am meisten nach umami schmeckt.

Die Zungenlandkarte stimmt so nicht

David Hänig beschrieb erstmals 19013 verschiedene Zonen, die den Geschmackssinn lokalisierten. Er hielt jedoch ebenso fest, dass das komplette Geschmacksspektrum auf der gesamten Zunge vorhanden ist. Alle damals bekannten Geschmacksrichtungen werden auf der ganzen Zunge perzipiert, jedoch in unterschiedlichen Konzentrationen.

Dementsprechend sind die geläufigen Zungenlandkarten in diversen Lehrbüchern nur eine Annäherung an die wirkliche Verteilung der Geschmacksrezeptoren auf der Zunge. Wir können auf jedem Fleck der Zunge alle Geschmäcker schmecken, nur eben in unterschiedlicher Intensität.

Die Oberfläche der Zunge

Die Zunge hat eine sehr große Oberfläche. „Ausgeklappt“ können das  mehrere Quadratmeter sein. Tausende Papillen, die sich auf der Zungenoberfläche befinden, mit Geschmacksrezeptoren, stellen quasi viele tiefe Minitäler dar. Die Mikroanatomie der Zunge gestaltet sich mit unzähligen tiefen Krypten und Papillen, welche in der Tiefe die Geschmacksrezeptoren verankert haben.

Sind nun diese Papillen mit Ihren Geschmacksrezeptoren verstopft mit Protein, Essensresten und Milliarden von Bakterien unterschiedlichster Spezies, perzipieren die Geschmacksrezeptoren letztendlich nur eingeschränkt.

Mit Zungenreinigung den Salzkonsum reduzieren

Eine sanfte Zungenreinigung säubert die Papillen in der Tiefe, löst die Reste, gibt die Rezeptoren frei und verbessert damit das Geschmackempfinden. So wurde beispielsweise nachgewiesen, dass regelmäßige Zungenreinigung den Geschmack von „salzig“ viel besser empfinden lässt4. Die Salzzufuhr, das „Nachsalzen“, kann auf diese Weise reduziert werden. Mit sanfter Zungenreinigung kann man seinen Salzkonsum reduzieren, was den Nieren und der Allgemeingesundheit guttut.

Zungenreinigung schützt vor Mundgeruch, Karies und Allgemeinerkrankungen

„60 bis 80 Prozent aller Mikroorganismen der Mundhöhle befinden sich auf der Zungenoberfläche. Der Zungenbelag ist nicht nur eine Hauptquelle von Mundgeruch, sondern auch für andere Erkrankungen mit mikrobiologischer Ursache verantwortlich. Somit besitzt die Zungenreinigung auch eine kariesprotektive Wirkung und kann die Therapie von Parodontitis (…) und Periimplantitis positiv beeinflussen“, so A. Zürcher (Zürcher A 2016).

So hilft die regelmäßige Entfernung des Zungenbelags, die Proteinreste aus den tiefen Krypten der Zunge zu entfernen. Damit können diese Proteine keine sogenannten „volatile sulphur compunds“ (VSCs), flüchtige Schwefelverbindungen, produzieren. Ebendiese werden von Bakterien aus den Aminosäuren (Proteinresten) gebildet und sind für den starken Mundgeruch ursächlich.

In einer Multicenter-Studie (L’Aquila, Zürich, Basel, Freiburg) wurden auf der Zunge von Halitosis-Betroffenen über 80 verschiedene Bakterienspezies entdeckt5. Diese Vielzahl an unterschiedlichen Keimen offenbart ein Spektrum auch diverser VSC-bildender Bakterien, die die Halitosis (Foetor ex ore) im speziellen verursachen.

Medizinisches Zahncremekonzentrat ist ideal zur Zungenreinigung

Die Zungenreinigung ist ein wichtiger Teil der täglichen Mundpflege, denn besonders im hinteren Drittel der Zunge fühlen sich Bakterien sehr wohl. Ajona kann als antibakterielle Zahncreme helfen, Mundgeruch zu vermeiden und auch die Karies und Zahnfleischprobleme verursachenden Bakterien effektiv zu beseitigen.

1 School of Science, The University of Tokyo 7-3-1 Hongo, Bunkyo-ku, Tokyo 113-0033, JAPAN: www.s.u-tokyo.ac.jp/en/research/alumni/ikeda.html
2 Agostoni C, Carratù B, Boniglia C, Riva E, Sanzini E. Free amino acid content in standard infant formulas: comparison with human milk. J Am Coll Nutr. 2000 Aug;19(4):434-8.
3 Hänig, David P. 1901. Zur Psychophysik des Geschmackssinnes. Philosophische Studien 17:  576-623. The Virtual Laboratory, Max-Planck-Institute for the History of Science, Berlin ISSN 1866-4784 - vlp.mpiwg-berlin.mpg.de
4 Seerangaiyan K, Jüch F, Atefeh F, Winkel EG. Tongue Cleaning Increases the Perceived Intensity of Salty Taste. J Nutr Health Aging. 2018;22(7):802-804.
5 Bernardi S, Karygianni L, Filippi A, Anderson AC, Zürcher A, Hellwig E, Vach K, Macchiarelli G, Al-Ahmad A. Combining culture and culture-independent methods reveals new microbial composition of halitosis patients' tongue biofilm. Microbiologyopen. 2020 Feb;9(2):e958.
6 Imfeld, T (2009). Foetor ex ore und Halitosis. Was steckt hinter dem Mundgeruch? Zahnarzt Praxis, 1(4):4-6.

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