Warum der Wettbewerb wichtig ist
zm: Herr Dr. Leienbach, was verstehen Sie unter dem Systemwettbewerb zwischen GKV und PKV?
Leienbach:Der Systemwettbewerb zwischen PKV und GKV erfüllt im Gesundheitswesen eine entscheidende Korrektivfunktion, von der alle Versicherten profitieren: Ohne einen PKV-Vergleich wären Leistungsrationierungen bei gleichzeitigen Beitragserhöhungen in der GKV politisch einfacher durchsetzbar. Denn die finanziellen Mittel sind knapp. Nicht alles, was medizinisch möglich ist, kann bezahlt werden.
Fiele die Konkurrenz durch das jeweils andere System fort, würde dieser Anreiz zu Leistungsverbesserungen sofort wegfallen. Diese Tatsache wird von wichtigen Akteuren in der Gesundheitsszene bestätigt.
So sagte etwa der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, auf dem Ärztetag im vergangenen Jahr: "Gäbe es die PKV nicht, hätten wir heute schon einen sehr viel schlankeren Leistungskatalog in der GKV."
Gäbe es die PKV nicht, müsste sich die GKV in nichts und niemals an den Leistungen eines Konkurrenten messen lassen. Gäbe es die PKV nicht, hätten wir heute schon eine innovations- und wettbewerbsfreie Zone für die GKV, in der sie dann ihre Marktmacht gegenüber Patienten und Ärzten völlig ungeniert ausspielen könnte.
Was halten Sie von der Diskussion um die sogenannte Zwei-Klassen-Medizin?
Hier hilft ein Blick zu unseren Nachbarn. Der Blick ins nachbarschaftliche Europa zeigt, welche Folgen die Einführung eines Einheitssystems haben könnte. Während sich in einem rein staatlichen Modell wie in Großbritannien die Gesundheitsversorgung immer weiter zu einem Zwei-Klassen-System entwickelt - mit Spitzenmedizin in Privatkliniken für diejenigen, die es sich leisten können, und einer dürftigen Versorgung für alle anderen Menschen im Einheitssystem -, werden vermeintliche Klassenunterschiede in Deutschland an der Verweildauer im Wartezimmer festgemacht.
Und selbst dieser Vergleich hinkt: Während die Wartezeit auf einen Facharzttermin in Großbritannien 18 Wochen beträgt und in den Niederlanden, die ihr duales Versicherungssystem 2006 abgeschafft haben, sogar bis zu sechs Monate, ist sie in Deutschland wesentlich kürzer. In dringenden Fällen erhält man sofort einen Termin - egal wie man versichert ist.
Und welche Schlüsse ziehen Sie daraus? 2013 ist ja Wahljahr…
Es ist höchste Zeit, der Bevölkerung die Vorzüge unseres Gesundheitssystems zu erläutern, das dank seiner Vielfalt und Wahlfreiheiten allen Menschen eine individuelle und gute Versorgung bietet.
Gerade im Wahljahr muss deutlich gemacht werden: Der Kurs der Bürgerversicherung würde uns wegführen von Wettbewerb und Pluralität, hin zu Einheitslösungen. Auf der Strecke bliebe eine Politik mit Weitblick, die Gesundheitsleistungen auch für künftige Generationen finanzierbar macht.
Eine Bürgerversicherung bietet für die demografische Herausforderung keine Lösung, sondern verschärft sie. In der Bürgerversicherung entscheidet allein der Staat, welche Gesundheitsleistungen noch bewilligt werden. Wo das endet, lässt sich in den bestehenden Einheitssystemen beobachten: Wartelistenmedizin, keine freie Arztwahl, getrennte Versorgungsstrukturen für Arm und Reich. Zwei-Klassen-Medizin in Reinkultur.